Zu den wirren Aussagen bayerischer FDP-Abgeordneter zur Netzneutralität
Am Freitag wehrte die Koalition einen Antrag der Grünen zur Netzneutralität ab. "Dies wäre an sich nicht weiter erwähnenswert. Betrachtet man allerdings die Argumente, die hierbei auch und vor allem von der FDP an den Haaren herbeigezogen werden, kann man das dann doch nicht unkommentiert stehen lassen", so Stefan Körner, Vorsitzender der Piraten in Bayern, in einer Stellungnahme.
Darin tat sich der vermeintlich liberale Parlamentarier und Netzpolitiker Jimmy Schulz besonders hervor, indem er von "sozialistischer Gleichmacherei" und "Das ‚Sozialismus-Internet‘ haben wir schon in China" sprach und sich damit entweder Unkenntnis der Materie oder bewusstes Täuschen vorwerfen lassen muss. Beides ist kaum schmeichelhaft.
"Es ist erschreckend, wie immer wieder versucht wird, die Grundfesten des Internets zu beschädigen. Dazu gehört eben auch, dass alle Datenpakete im Web den gleichen Wert haben und mit der gleichen Priorität behandelt und transportiert werden." so Körner weiter "An der Netzneutralität darf nicht gerüttelt werden – ohne Wenn und Aber!"
"Anscheinend reagiert die FDP immer dann mit einem Beißreflex, wenn ein demokratischer Staat überhaupt irgendwo aktiv wird. Liberale Politik heißt eben nicht, den demokratischen Rechtsstaat komplett zu negieren oder wie die FDP derzeit ständig als Sozialismus anzubrüllen.", stellt Klaus Mueller, Beisitzer der Piratenpartei in Bayern, fest, "Grundliberale Ideen wie der Ordoliberalismus und die daraus folgende Soziale Marktwirtschaft zeichnen sich eben nicht durch eine totale Staatsferne aus, sondern durch einen freien Spielraum innerhalb eines klugen politischen Rahmens."
"Die Abkehr der FDP vom Liberalismus zeigte sich deutlich bei den Gesetzen zur "Deregulierung" der Finanzwirtschaft, die schließlich in die Finanzkrise führten. Dass die Kritik am real existierenden Neoliberalismus und seinen Auswirkungen ausschließlich aus der klassisch linken Ecke kommt, ist kein gutes Zeichen für eine Partei wie die FDP, die vorgibt, die liberalen Werte zu pflegen." so Mueller weiter.
Die FDP taugt leider nicht mehr zur Verteidigung einer wirklich liberalen Politik. So kann man ihr auch nicht die Verteidigung einer der wichtigsten Basen der Meinungsfreiheit – dem Internet – überlassen. Zu schwer wiegt der Verdacht, dass diese dann ebenfalls verkauft wird.
Umso mehr erschreckt es, wenn Politiker wie Jimmy Schulz, die früh und klug für ein freies Internet gekämpft haben, sich zu unkritischen Schlagworten wie "Internetsozialismus" hinreißen lassen. Ist die real liberale Idee schon so beliebig geworden?
Um die Freiheit im Internet für alle zu erhalten, muss die Neutralität und Gleichbehandlung aller Nutzer durch die Netzbetreiber durch staatliche Aktivitäten sichergestellt werden. Hier von Sozialismus zu reden ist billige Polemik im Dienste von Interessen, die nicht der Demokratisierung der Gesellschaft dienen.
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