Bayern Kommentar Politik

Die sozialministerial einwandfreie Tankstelle

Bild: Zeitfixierer – CC-BY-SA

Immer wieder wird den Piraten vorgeworfen, sie seien weltfremd und inkompetent. Wir können da in Bayern ja glücklich sein, denn wir haben die kompetenteste und weltnäheste Partei der Welt – die CSU – in der Regierung. Da herrscht Zucht und Ordnung, und alles wird zwangsweise so gestaltet, wie sich das seit Hanns Seidel gehört.

Dazu gehören – Gott vergelt’s – die Ladenöffnungszeiten. In 14 Bundesländern wurden diese mittlerweile liberalisiert, nur in Bayern wird daraus – dank unserer kompetenten Regierung – nichts. Man munkelt, es liege daran, dass man sich innerparteilich nicht einigen könne und man kann ja – Gott bewahre – in einer Sitzung des Landtages nicht gegeneinander stimmen.

Und damit sich das auch alle hinter die Ohren schreiben, dass man in einem konservativen Land nicht voranzugehen hat und vor allem doch bitte nach 20 Uhr sowieso am besten brav zuhause zu sitzen hat, gab das Sozialministerium jetzt einen Erlass heraus. Ab 20 Uhr dürfen Tankstellen nichts mehr an Fußgänger und Radfahrer verkaufen, sondern nur noch an Autofahrer.

Und nein, ich mache keine Scherze. Im Ladenschlussvollzugshinweis des bayerischen Sozialministeriums steht wörtlich:

Tankstellen ohne Gaststättenerlaubnis dürfen nach Ladenschluss kleinere Mengen an Lebens- und Genussmitteln an Reisende verkaufen, um deren Versorgungsbedürfnis zu befriedigen und den Erhalt der Mobilität auch während der allgemeinen Ladenschlusszeiten zu gewährleisten. Als Reisende hat das Bundesverwaltungsgericht Kraftfahrer und Mitfahrer des Kraftfahrzeugverkehrs definiert.

Das kann der Tankstellenbetreiber auch ganz leicht nachprüfen:

Nachts ist erfahrungsgemäß der Kundenandrang so gering, dass der Verkäufer durch einen Blick aus dem Tankstellenfenster feststellen kann, ob sich ein Kfz an der Zapfsäule oder auf dem Tankstellengelände befindet. Im Zweifel ist ihm eine Nachfrage durchaus zuzumuten.

Dumm ist das für alle Nicht-Autofahrer, die auf die Tanke angewiesen sein können. Zum Beispiel Arbeitnehmer, die in wechselnden Spätschichten oder wegen Mehrfachjobs keinen geregelten Einkaufszeiten nachgehen können. Für sie ist der nächtliche Einkauf an der Tankstelle häufig der rettende Hafen, um zumindest das Überlebensnotwendige für das Frühstück vor der nächsten Schicht zu ergattern. Aber was arbeiten die auch zu so unchristlichen Zeiten? Und muss sich ein Sozialministerium überhaupt für solche Menschen interessieren?

Darüber hinaus: Ein CSU-Ministerpräsident hat doch schon klargestellt, dass man mit zwei Maß noch Autofahren kann. Daher ist es logisch, dass Autofahrer selbstverständlich nachts noch Bier und anderen Alkohol kaufen dürfen. Wer so komisch im Öko-Terroristenstil und umweltschonend das Rad nimmt oder zu Fuß unterwegs ist, der bekommt gar nichts, denn er könnte ja auch Auto fahren, und wo bliebe da bitte der Klimawandel? Wer also in der Tankstelle gefragt wird, der lallt das nächste mal mit 1,6 Promille: “Hab um die Ecke geparkt”. Bleibt nur zu hoffen, dass man dabei nicht die Polizei im Raum übersehen hat.

Übrigens, unser Thema morgen: Neulich an der Tankstelle ist ein Radfahrer verdurstet. In diesem Sinne: Wählt sie weiter, die Kompetenz. Wählt sie weiter, die CSU.

Hinweis: Dieser Kommentar ist von Benjamin Stöcker und Bruno Gert Kramm geschrieben und stellt nicht notwendigerweise die Meinung des ganzen Landesverbandes dar. Alle Mitglieder können Kommentare einreichen. Wie erfahrt ihr bei der SG Digitale Medien.