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175 Jahre Eisenbahn Dresden – Leipzig: Vergleich der „modernen Zeiten“

Viel Zeit ist vergangen, seit der erste Zug 1839 von Dresden nach Leipzig fuhr. Die neue Bahnverbindung brachte in der Zeit bis zum heutigen 175-jährigen Jubiläum viele gesellschaftliche Änderungen und Umschwünge hervor. Doch wenn man die Gründerzeit der Eisenbahn mit unserer heutigen Zeit vergleicht, kann man Parallelen finden.

Strehla ist eine kleine Gemeinde an der Elbe. Mit der Eisenbahn Dresden – Leipzig hat Strehla nichts zu tun, Strehla hat heute nicht mal mehr einen Bahnhof. Denn Strehla sagte 1836 „Nein“. Ein Nein zur Bahnüberquerung der Elbe in Strehla, das die Stadt Strehla innerhalb von 175 Jahren in die Unbedeutsamkeit ausrangierte.
Die Bahn wurde bei Riesa über die Elbe geführt. Riesa hatte damals noch kein Stadtrecht. Aber das kam relativ schnell, als Riesa wegen der Lage an der Bahn stark an Bedeutung gewann. Auch das Zollamt und sogar das Gericht zogen um nach Riesa. Als die Bürger von Strehla ihren schweren Fehler irgendwann doch einsahen, bekamen sie eher aus Mitleid eine Schmalspurbahn genehmigt. Doch vom blinden Konkurrenzdenken immer noch angetrieben, baute man die Strecke nicht so, dass sie weitere Betriebe und Siedlungen anschloss. Man baute sie schnurgerade auf der kürzesten Route; Archive geben heute immer noch Witzeleien über die unwirtschaftlichste Schmalspurbahn Sachsens preis.
In Riesa wurden hingegen weitere Bahnen angeschlossen. Heute halten in Riesa alle 2 Stunden Fernzüge.

Diese Geschichte aus Technologiemisstrauen, Überholtwerden und untauglichen Versuchen, den Rückstand wieder aufzuholen kann man immer noch beobachten. Da nehmen sich die „modernen Zeiten“ von achtzehnhundert und Zweitausend gar nichts.
Zwar gibt es immer noch Gemeinden wie beispielsweise Geretsried, die verdienterweise um einen Bahn-Anschluss kämpfen, aber das wesentliche Schauspiel von irrationalem Technologiemisstrauem beobachtet man heute nicht mehr nur zwischen einzelnen Gemeinden, z.B. auch in anderen Bereichen als der Eisenbahntechnologie. Ein Beispiel:
Heute kann man in jeder Innenstadt beobachten, wie alteingesessene Händler sich dem Handel im Internet verschließen. Wie sie dann in ihren „Innenstadtleerstandsgebieten“ immer weniger Kunden haben. Um dann entweder dicht zu machen oder mit komplett untauglichen Versuchen, gegen Internetriesen anzustinken, sich eine blutige Nase holen.
Man kann es auch beobachten, wenn man sich anschaut, wie die deutsche Regierung gerade gegen das massive Ausspähen deutscher Industriegeheimnisse nichts tut. Hier baut sich gerade ein Rückstand auf. Wozu sollte man auch jetzt etwas tun? Bei uns ist doch alles gut… Auch das ist ein Stückchen modernes, bundesdeutsches „Strehla“. Nur dass hier – bildlich gesprochen – Zollamt und Gericht noch nicht wegg sind.

175 Jahre Bahnlinie Dresden – Leipzig sind auch 175 Jahre „Technologieignoranz zahlt sich nicht aus“. Wahrscheinlich wird aber diesen Aspekt des Jubiläums keiner der konservativen Redner an den Feierlichkeiten erwähnen.

Hinweis: Dieser Kommentar wurde von Andreas Witte geschrieben und stellt nicht notwendigerweise die Meinung des ganzen Landesverbandes dar. Alle Mitglieder können Kommentare über das entsprechende Formular bei der SG Digitale Medien einreichen.

2 Kommentare zu “175 Jahre Eisenbahn Dresden – Leipzig: Vergleich der „modernen Zeiten“

  1. zarathustra

    moin

    also die innenstädte veröden, weil die dortigen läden keinen inet-handeln machen.

    blödsinn.

    der inethandel ist kein 2.standbein.
    mach ich genug umsatz im inet, brauche ich keine dependance in einem ladenlokal.
    mache ich mit letzterem verlust, wird die geschlossen.
    bloss weil ich ladenschild in ner city habe, krieg ich keine inet-kunden.

    der inet-handel wird weiter kunden gewinnen und dadurch herkömmliche geschäfte in den ruin treiben.
    warum soll ich hundert euro mehr fürn fernseher zahlen, wenn ic h den auch per inet kaufen kann?
    (siehe auch apotheken)

    zur belebung der innenstädte – insb in kleinstädten und dörfern – ist anderes notwendig als die empfehlung schwindenden umsatz durch inet handel auszugleichen.

    zarathustra

  2. Naja, immerhin haben wir viele schöne Kernkraftwerke gebaut. Ganz ohne Misstrauen.
    Also doch was gelernt aus Strehla.
    Hey, und in Stuttgart wird jetzt wohl auch gebaut. So ein schöner neuer Bahnhof.

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