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Abschluss der Internet-Enquete – Was bleibt?

Deutscher Bundestag
COPYRIGHT, 2007

Die Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft (EIDG) hat ihren Abschlussbericht vorgestellt. Drei Jahre lang haben sich Politiker und Sachverständige unterhalten. Was ist dabei herausgekommen?

Die Enquete-Kommission war von Anfang an ein Feigenblatt. Eine Enquete-Kommission ist im Wesentlichen ein Beratungsgremium, sie macht keine Gesetzesvorlagen, sondern produziert erst mal eine große Menge Papier: Handlungsempfehlungen. Die ständigen Gremien des Bundestags entscheiden dann, was sie daraus machen.

Fakt ist erst einmal: Während die Enquete sich beraten hat, haben die gesetzgebenden Gremien im Bundestag freigedreht. Das netzpolitische Vermächtnis des 17. Deutschen Bundestags sind das Leistungsschutzrecht, die De-Mail und – wenn sich der Bundesrat nicht doch noch querstellt – die aktuelle Version der Bestandsdatenauskunft. Keine wirklich schöne Aussicht.

Das Ziel, welches viele Mitglieder der EIDG für ihre Gruppe ausgegeben haben, der Netzpoitik einen höheren Stellenwert zu geben, ist zumindest für diese Legislaturperiode nicht erreicht. Der ein oder andere »netzpolitische Sprecher« in den Bundestagsfraktionen heftet sich immer noch gerne die Aufhebung des Zensurgesetzes und das Ende von ACTA – das effektiv im Europäischen Parlament gekippt wurde – an die Brust. Aber jeder, der diese Debatten mitverfolgt hat, weiß, dass es die Leute waren, die auf der Straße und im Netz protestiert haben, denen wir diesen Erfolg zu verdanken haben. Die Rolle der Piraten in dieser Debatte möge jeder für sich bewerten. Nur soviel: Netzpolitische Sprecher waren auf den entsprechenden Demonstrationen rar.

So bleibt noch die Frage zu stellen, ob die EIDG zumindest langfristig Erfolge erzielen wird, was ja auch ihr formaler Zweck ist. In den meisten Fällen gab es in der Enquete-Kommission genau dieselben Meinungsverschiedenheiten, die wir schon aus den üblichen Debatten kennen. So wurde aus dem Großteil der Arbeit in der EIDG eine Bestandsaufnahme dessen, was Netzpolitik eigentlich ist. Die Kommission trat hier nur auf der Stelle.

Um der EIDG nicht ganz unrecht zu tun, muss man jedoch zwei wichtige, im Konsens verabschiedete Empfehlungen erwähnen: Da ist zum einen die Nutzung von Beteiligungsplattformen, welche von der EIDG im parlamentarischen Prozess salonfähig gemacht wurden. Zum anderen wird die Einrichtung eines ständigen Ausschusses »Internet und digitale Gesellschaft« gefordert. Diese Empfehlungen liegen nahe und ich möchte mich ihnen uneingeschränkt anschließen. Wir hätten von Anfang an einen ständigen Ausschuss gebraucht, der in den Gesetzgebungsprozess eingebunden ist und keine Enquete-Kommission.

Welchen Stellenwert Netzpolitik im nächsten Bundestag wirklich haben wird, werden wir daran sehen, ob es einen solchen ständigen Ausschuss geben wird, und ob sich dessen Mitglieder gegen die Law-und-Order-Politiker und Lobbyverbände aus der Wirtschaft durchsetzen können (und wollen). Erst dann kann man davon sprechen, dass Netzpolitik wirklich im Bundestag angekommen ist. Ich für meinen Teil hoffe darauf – und auch darauf, dass dort viele Piraten sitzen werden, denn diese werden dringend gebraucht.

Thomas KohlerCC-BY-SA

Hinweis: Dieser Kommentar wurde von Andi Popp geschrieben und stellt nicht notwendigerweise die Meinung des ganzen Landesverbandes dar. Alle Mitglieder können Kommentare über das entsprechende Formular bei der SG Digitale Medien einreichen.

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