Diesen Samstag war ich auf dem medienpolitischen Kongress in Würzburg. Klar, eine Veranstaltung der Piraten, die zu Fuß erreichbar ist, kann ich nicht einfach so auslassen! Jetzt ziehe ich mein Fazit zu unserer Medienpolitik und der Veranstaltung.
Ungefähr 30 Piraten waren anwesend. Die Positionen der Landesverbände zur Medienpolitik, insbesondere zu den Öffentlich-Rechtlichen, wurden vorgestellt und besprochen. Allen ist ein piratiger Gedanke gemeinsam: es geht um mehr Datenschutz, um Mitbestimmung und um Commons.
Erfassung sozialer Beziehungen
Dieser Aspekt der Haushaltsabgabe ist erst auf den zweiten Blick erkennbar. Generell ist jeder erwachsene Einwohner Deutschlands verpflichtet, die Haushaltsabgabe zu zahlen. Nur, wenn er einen gemeinsamen Haushalt mit anderen Menschen führt, ist nur einer dieser Menschen verpflichtet zu zahlen. Und die Angaben dazu liefert jeder selbst – um von der Zahlung ausgenommen zu werden, muss man auf einem Fragebogen angeben, mit wem man denn zusammen einen Haushalt führt. Damit wäre die Haushaltsabgabe sogar eines der größeren Steinchen im Puzzle der Datenerfassung in Deutschland. Nicht nur, dass jeder einzelne erwachsene Einwohner erfasst wird – auch mit wem dieser Einwohner Umgang hat, wird gespeichert. Sobald Daten vorhanden sind, weckt dies Begehrlichkeiten, und jedem sollte bewusst sein, dass auch die Polizei auf diese Daten wird zugreifen können. Und nicht nur für die Aufklärung von schwerwiegenden Delikten. Vor ein paar Tagen erst sagte Bruce Schneider: „Wir leben in einem Überwachungsstaat“. Überrascht bin ich nicht. Deshalb: Nein zur Datenerfassung!
Wer kauft was von wem warum?
Ein weiterer Kritikpunkt am aktuellen Modell der Haushaltsabgabe: Das Fernsehprogramm wird nicht durch den Zuschauer bestimmt. Verantwortlich für die Sendungen ist der jeweilige Fernsehbeirat, der munter von den Politikern mit ihren eigenen Interessenvertretern besetzt wird. Der Grundversorgungsauftrag der Öffentlich-Rechtlichen ist in Deutschland gesetzlich festgeschrieben. Was die Grundversorgung darstellt, sollte jedoch frei von den Zuschauern entschieden werden, nicht von der Politik!
Die Fernsehbeiräte könnten auch alle vier Jahre demokratisch gewählt werden, zum Beispiel zeitgleich mit den Landtagswahlen. Die Politik hat in diesem Gremium einfach genauso wenig verloren wie der Staat.
Daneben sollte für mehr Transparenz in den Entscheidungen gesorgt werden. Ein Kontrollgremium müsste hierfür eingerichtet werden. Oder kann sich jemand von Euch erklären, warum zeitgleich mit Einführung der Haushaltsabgabe der Sender „ZDF Kultur“ abgesetzt wurde? Große Unterschiede bei den Einschaltquoten im Vergleich zu den anderen Spartensendern des ZDF gab es zumindest nicht.
Mit der Zeit gehen
Durch den fortschreitenden technischen Wandel verschwimmt zunehmend der klare Unterschied zwischen Sender und Empfänger. Auch Blogger und Podcaster sorgen für die Aufbereitung und Verbreitung von Informationen. Gerade Beispiele wie China oder der Arabische Frühling zeigen den hohen Stellenwert, den dies für eine Gesellschaft haben kann. Gedankenspiele wie eine Trennung von Produktion und Sendeanstalt könnten hier die Online-Medien ins Fernsehen holen. Vieles, was unter CC-Lizenzen veröffentlicht wird, kann jetzt schon von den Fernsehsendern ins Programm integriert werden. Was wäre, wenn sich hier der Markt öffnen würde, indem unterschiedliche Formate produziert und in einen Pool gestellt würden, aus dem die Sendeanstalten sich dann ihr Programm zusammenstellten? Auch sollte es möglich sein, nicht nur Empfänger der Sendungen zu sein, sondern diese auch kreativ nachzuverwenden. Nichts schafft mehr Vielfalt als die Möglichkeit, vorhandenes Material zu be- oder verarbeiten.
Gerade im Internet liegen noch große Potentiale für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Im Online-Segment werden sie jedoch künstlich beschnitten, zum Beispiel durch zeitliche Begrenzungen, zu denen Sendungen online verfügbar sind. Hier hat die Lobby der privaten Sender massiv eingewirkt – und nimmt uns, die wir für die produzierten Sendungen mit unserer Haushaltsabgabe bezahlt haben, das Recht, das Material zeitunabhängig anzusehen! Als Begründung wird hierzu angebracht, dass ein Marktungleichgewicht geschaffen würde, würden alle Inhalte der Öffentlich-Rechtlichen direkt ins Netz gelangen.
An dieser Stelle könnte man auch abschweifen. Beim Rundfunk an sich galt ja immer, dass ihn jeder empfangen kann, ohne erfasst oder kontrolliert zu werden. Die Daten wurden versendet, und damit waren sie von jedem abrufbar. Mit dem Internet gibt es neue Möglichkeiten. Die gleichen Daten können in einer beliebigen Form veröffentlicht werden – auch hinter Bezahlschranken! Es gilt nicht mehr ein schlichtes „Fire & Forget“, sondern die Inhalte sind „On-Demand“, wie es Jens Seipenbusch so schön formuliert hat.
Alles in allem bin ich zufrieden mit dem, was ich gelernt und durch die Diskussion vertieft habe. Für mich hätte das Schwerpunktthema nicht die Haushaltsabgabe sein müssen, jedoch kann ich´s verstehen. Ist halt gerade aktuell. (;
Leider waren nur aus drei Landesverbänden Piraten anwesend. Mit mehr Vielfalt in diese Richtung wäre die Veranstaltung effizienter gewesen. Gerade in Bayern haben wir schon einige sehr schöne Positionspapiere zur Medienpolitik, ebenso wie die Berliner und die NRWler. Aber auch für die anderen Landesverbände ist das Thema wichtig. Gerade wenn Populisten völlig sinnentleert gegen die Haushaltsabgabe demonstrieren, lohnt es sich zu zeigen, dass nach einem „Ich bin nicht zufrieden“ auch ein konstruktiver Vorschlag folgen kann – und soll.
Foto: Sandra-Bernadett Grätsch – CC-BY
Hinweis: Dieser Kommentar wurde von Michaela Keupp geschrieben und stellt nicht notwendigerweise die Meinung des ganzen Landesverbandes dar. Alle Mitglieder können Kommentare über das entsprechende Formular bei der SG Digitale Medien einreichen.
Bei der Wahl im September wird es ein politisches Erdbeben geben. Die Parteien AfD und Pro und die Piraten werden viele Stimmen bekommen. Es wird mehr direkte Demokratie geben. Mehr dazu auf meinem Blog (bitte auf meinen Nick klicken).
Schafft die GEZ einfach ersatzlos ab, und gut ist. Was wir mit den Sendeanstalten machen, können wir dann noch überlegen. Übergangsweise könnte man die von mir aus durch Steuergelder subventionieren; Mittelfristig sollten wir dann überlegen, was wir mit dem ganzen Apparat machen. Zunächst sollten wir aussortieren, ob es bei den ÖR Bereiche gibt, die es nicht Wert sind, subventioniert zu werden. Die können wir an kommerzielle Investoren veräußern (oder auflösen, wenn sich keiner findet).
Der Rest sollte dann am besten auch privatisiert werden, allerdings nicht als kommerzielle Einrichtung, sondern als nicht-gewinnorientierte Organisationen (Stiftung, Genossenschaft, Verein, was-auch-immer), die durch Spenden finanziert werden. Ein solches Spendenfinanziertes Modell würde echte Unabhängigkeit von der REgierung garantieren und es würde dem Zuschauer mehr Einfluss auf die Programmgestaltung geben. Denn wenn man dann einen Sender nicht mag, kann man einfach den Dauerauftrag löschen.
Wenn wir allerdings dagegen den ÖR weiterhin durch Steuern finanzieren wollen (und die GEZ in der jetzigen Form ist imho eine Steuer), dann müssen wir uns Gedanken machen, wie wir verhindern wollen, dass die ÖR von der Politik kontrolliert werden.
Außerdem stelle ich mal grundsätzlich in Frage, ob wir die ÖR überhaupt brauchen.
Die GEZ(samt den Offentlichen-Rechtlichen) gehören Abgeschafft! Jede Diskussion „wie mann sie verbessern/modernizieren kann ..“ ist zwecklos!
Wer den Gesetzestext des RStV liest, erkennt gleich, daß den Sendeanstalten die Meinung des Zuschauers/-hörers sch…egal ist. Schließlich geht es um Manipulation und Ablenkung vom Wesentlichen. Welche Gnade! Wir werden noch nicht gezwungen den Flimmerkasten anzustarren. Was nötig ist, ist Vernetzung der Rundfunkgegner (Amateurfunk ist nicht gemeint). Wir brauchen etwas, was den Gehirnwäschern richtig weh tut.