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Zentrale Kirchensteuerdaten für alle!

Andrew Hart: CC-BY-SA
Andrew Hart: CC-BY-SA

Seit 2009 gibt es in Deutschland die sogenannte Abgeltungsteuer. Einkommen aus Kapitalerträgen wird nicht wie andere Einkommensarten versteuert. Die Banken behalten einfach gleich pauschal 25 % der Einnahmen ein. Für die Personen, bei denen der individuelle Steuersatz darüber liegt, ist dann alles getan. Dieses schöne „neue“ System, das Banken zu Steuereintreibern gemacht und Einnahmen aus Kapital gegenüber anderen Einkommensarten steuerlich besser gestellt hat, verdanken wir dem damaligen Finanzminister und jetzigen Kanzlerkandidaten Steinbrück (SPD).

Warum das gerade jetzt interessant ist? Nun, bisher hat dieses grandiose System eine Kleinigkeit von außen nicht vollständig integriert: die Kirchensteuer. Wer kirchensteuerpflichtig ist, muss das selbststdändig seiner Bank melden oder mit der Einkommensteuererklärung nachversteuern. Und weil das nicht gerade optimal für die Kirchen ist, muss das natürlich geändert werden.

Und wie so oft in der deutschen Politik ist die Lösung des Problems eine zentrale Datenbank, wie man schön dem aktuellen Gesetzentwurf der bayerischen Staatsregierung entnehmen kann.

In dieser Datenbank wird einfach festgehalten, in welcher Kirche jeder Deutsche denn so Mitglied ist. Das ist ganz praktisch und auch nur halb so schlimm, denn die Datenbank hat man ja eh schon. Und jetzt soll es so sein, dass die Banken nicht nur Zugang dazu bekommen, sondern sogar verpflichtet werden, dort im Fall des Falles nachzufragen, welcher Religion ihre Kunden denn so angehören.

Und da man die Proteststürme wahrscheinlich schon kommen gesehen hat und weil irgend so ein doofes Verfassungsgericht und ein Parlament den Datenschutz erfunden haben und diese Religionszugehörigkeit dummerweise noch ein besonders schützenswertes Datum ist, hat man das Ganze noch mit einem Opt-Out versehen: Wer nicht will, dass die Banken – und wenn das digital passiert, auch jeder andere, der es schafft, in das System einzudringen – seine Religion erfahren, der kann dem ja widersprechen. Irgendwo. Weiß ja eh keiner wo, schaut ja keiner in das Steuergesetz oder ins Kleingedruckte seines Bankvertrages. Und um den Leuten den Spaß daran vollständig zu vermiesen, ist jeder, der widerspricht, zur Steuererklärung verpflichtet. Versteht sich von selbst, ne?

Das ist doch auch so schön: Noch ein Fall, in dem wir eben der Weitergabe unserer Daten widersprechen müssen. Ich persönlich habe ja mittlerweile aufgehört, die zu zählen. Ich habe da auch keine Lust mehr drauf. Was ist eigentlich daran so schwierig, Gesetze und Systeme so zu gestalten, dass sie möglichst datensparsam funktionieren? Warum zur Hölle ist die Standardantwort der Politik auf alle möglichen Probleme eine Überwachungskamera hier, eine zentrale Datenbank dort, eine Datenabfrage da drüben? Wieso höhlen sie ständig und bei allem meine informationelle Selbstbestimmung aus? Immer wieder. Ständig.

Meine Daten gehören mir. Jeder andere außer mir hat damit möglichst sparsam umzugehen. Allen voran der Staat. Was ist daran eigentlich so schwer zu verstehen?

Foto: Andrew HartCC-BY-SA

Hinweis: Dieser Kommentar wurde von Benjamin Stöcker geschrieben und stellt nicht notwendigerweise die Meinung des ganzen Landesverbandes dar. Alle Mitglieder können Kommentare über das entsprechende Formular bei der SG Digitale Medien einreichen.

2 Kommentare zu “Zentrale Kirchensteuerdaten für alle!

  1. Bei der Wahl im September besteht die Möglichkeit, bessere Parteien zu wählen. Z. B. FW, Pro oder Piraten. Im Übrigen muss das Christentum reformiert werden. Es gibt keinen jenseitigen Gott. Sondern in der Natur gibt es Dinge, die dem Menschen ewig verborgen sind. Mehr dazu auf meinem Blog (bitte auf meinen Nick klicken).

    • Anonymous

      Doch es gibt einen Gott, und man braucht nicht in einer kirchensteuerpflichtigen Kirche zu sein, um an ihn zu glauben. Ich bin schon ziemlich lange in einer Freikirche und bin froh, dass ich eben nciht überall angeben muss, in welcher Kirche ich bin und dass diese Krux mit der Datenübermittlung für die Abgeltungssteuer mich kalt lassen kann.

      Denjenigen, die noch Kirchensteuer bezahlen, rate ich zum Austritt. Denn bei einer Kirche, die mich zwingt, die Kirchenmitgliedschaft bei einem ganzen Haufen von Stellen mit anzugeben (Finanzamt, Einwohnermeldeamt, Bank, Arbeitgeber, schlagmichtot) würde ich nicht Mitglied sein wollen.

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