Unsere Landwirtschaft wird mit Subventionen bezuschusst, damit die Erzeugnisse aus deutscher Produktion auf dem Markt konkurrieren können. Es lohnt sich durch die Subventionen Lebensmittel zu exportieren und z.B. in Afrika Überproduktion und Lebensmittel minderer Qualität zu verkaufen. Nur das Beste für Deutschland, nach Afrika den Rest! Dort ist aber keiner auf unsere Produkte angewiesen, vielmehr können die dort ansässigen Bauern nicht mit dem subventionierten Preis mithalten. Die billige Ware aus Deutschland, zerstört den Markt. Das leisten wir uns!
Agrarsubventionen kommen der deutschen Agrarindustrie zugute. Bezuschusst wird die Fläche. Wer viel Land hat, erhält viel Geld, obwohl die Bewirtschaftungskosten je Hektar mit zunehmender Fläche abnehmen. Kleinbäuerliche Landwirtschaft strauchelt, eine kostendeckende Produktion ist bei dem Preisdruck durch den Handel kaum möglich. Subventionen verschlimmern das Problem. Das leisten wir uns!
Wöchentlich isst jeder Deutsche ~1,2 kg tierische Lebensmittel. Weils so billig ist. Durch Massentierhaltung sind die Produktionskosten gering. Bestimmte Huhn-Züchtungen, die enorm effektiv Futter in Masse umsetzen leben nur 28 Tage. Am Ende ihres kurzen Lebens können die Tiere kaum noch laufen können und sind krank. Eine Gabe von Medikamenten soll nicht nötig sein, schreibt das Lebensmittelrecht vor. Fleisch soll in guter Qualität, ohne Rückstände von Medikamenten produziert werden. Trotzdem werden 97% der Tiere in dieser kurzen Zeit mindestens einmal Medikamente verabreicht! Die Haltung der überzüchteten Tiere auf engem Raum macht sie krank, von artgerecht kann mensch nicht mehr sprechen. Das leisten wir uns!
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt wöchentlich 300-600 Gramm tierische Lebensmittel für einen gesunden Lebenswandel. Mehr führt zu einem erhöhten Risiko für Volkskrankheiten wie Diabetes, Übergewicht und Bluthochdruck. Wir Deutsche liegen bei mehr als dem Doppelten davon. Die Behandlung von ernährungsbedingten Erkrankungen betragen 30% der Gesundheitskosten. Das leisten wir uns!
870 Millionen Menschen auf der Welt hungern. Gleichzeitig sind rund 1,5 Milliarden Menschen übergewichtig. Es ist nicht so, dass wir ihnen das Essen direkt wegnehmen. Doch treiben die Praktiken unserer Zuliefererfirmen Menschen in den Hunger. Weite Landstriche an Regenwald werden abgeholzt, pro Minute soviel wie 35 große Fußballfelder. Nur, damit günstig Lebensmittel für uns produziert werden können. Manche Arbeiter_innen auf den riesigen Gemüsefeldern haben ihr Leben lang nichts anderes gegessen als Maisbrei. Täglich ernten sie für einen Hungerlohn. Auf diesen sind sie angewiesen, da das Land. dass sie früher als Selbstversorger bewirtschaftet haben an die Agrarindustrie verkauft wurde. Das leisten wir uns!
In Indien haben sich letztes Jahr über 200.000 Bauern das Leben genommen. Einer der Global Player auf dem Saatgutmarkt hatte ihnen teures Saatgut verkauft und übermäßige Erträge versprochen. Das Saatgut gedieh auf dem Boden jedoch nicht und benötigte viel mehr Wasser als üblich – es kam zu großen Ernteausfällen. Die Bauern blieben ohne Ernte, aber mit hohen Schulden zurück. Diese Unternehmen verkaufen auch in Deutschland Saatgut, auch für Hobbygärtner. Sie haben Patente auf Gemüsesorten angemeldet. Spezielle Sorten Getreide unterliegen schon lange dem Patentschutz. Was einst Allgemeingut war, gehört nun einem Unternehmen. Und muss nicht nur einmal, sondern jährlich bezahlt werden. Denn eine Aussaat der Vorjahresernte, wie in der bäuerlichen Landwirtschaft üblich, ist nicht erlaubt. Das leisten wir uns!
Durch die Dominanz von wenigen großen Saatgutherstellern hängt die Nahrungsmittelversorgung der ganzen Welt von wenigen Pflanzenarten ab. Arten, die schon seit Jahrtausenden Teil der menschlichen Ernährung waren, sterben aus. Auch innerhalb der Arten gibt es nur wenige Sorten, stattdessen einheitliches Saatgut. Eine hohe Artenvielfalt ist aber Garant für das Überleben. In unserem sich schnell verändernden Klima ist es wichtig, dass Pflanzen anpassungsfähig bleiben. Auf neue Umwelteinflüsse kann ein lebendiges Saatgut besser reagieren. Aber statt dies zu fördern und alte Sorten zu erhalten, unterstützen unsere Gesetze die „Großen Fünf“ auf dem Saatgutmarkt. Das leisten wir uns!
Die Agrarsubventionen müssen dringend umgestaltet werden. Subventionen soll es nur noch für die Einhaltung höherer Standards in Tier-, Arten- oder Umweltschutz geben. Oder für gute Arbeitsbedingungen. Wir Piraten wollen der Charta von Florenz beitreten und dadurch klarstellen, dass in Deutschland gentechnisch veränderte Pflanzen nicht für den Anbau im Freiland zuzulassen und für die Landwirtschaft insgesamt abzulehnen sind. Patente auf Leben darf es nicht geben. Verwendete Pestizide und Inhaltstoffe sollen auf Lebensmittelverpackungen kenntlich gemacht werden, über den gesamten Produktionsprozess hinweg. Regionale Wirtschaftskreisläufe wollen wir fördern.
Sicherlich können wir keine Wunder bewirken, aber Probleme haben wir erkannt und wollen sie angehen.
Dieser Beitrag wurde von Michaela Keupp für den Kaperbrief Bayern verfasst.
Symbolbild von Agência de Notícias do Acre unter der CC-BY
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