Bayern Kommentar Politik Topthema

Opium fürs Ohr

Richard Alexander Caraballo - CC-NC-SA
Richard Alexander Caraballo - CC-NC-SA

Die Bayerische Landesmedienanstalt (BLM) hat am 7. Februar 2013 die Programmförderung für das laufende Jahr beschlossen. Seitdem steht das Community-Projekt „Radio Z“ aus Nürnberg vor dem finanziellen Kollaps. Gleich 20% weniger Fördergelder durch die BLM erhält der Sender für dieses Jahr – dem 25. Jahr seines Bestehens.

Schaut man sich die Situation genauer an, dann sieht man, dass der bisher größte Fördergeldbringer des Senders – ein medienpädagogisches Kinderradio – aus dem Programm fiel.

Selber schuld? Sache erledigt? Abhaken und weitermachen?

So leicht ist es, wie so häufig im Leben, leider nicht. Am Telefon erklärte mir „Radio Z“ die Situation: Die Sendung musste abgesetzt werden, die Förderung war zu niedrig und reichte einfach nicht zur Finanzierung des Kinderprogramms.

Dabei wäre genug Geld bei der BLM vorhanden. Alleine 63 000 Euro fliessen dieses Jahr der Evangelischen Funkagentur zu. Was die mit dem Geld macht? Nun, laut Selbstbeschreibung Folgendes:

Ob Bischof, Experte oder Mensch von nebenan, innovatives Gemeindeprojekt oder packende Lebensgeschichte: Wir sind mit dem Mikro vor Ort und informieren Woche für Woche über eine Million Menschen.

Zusätzlich hören über unsere Partner-Sender täglich rund 700.000 Menschen eine Andacht / einen spirituellen Impuls.

Da frage ich mich schon: Muss die BLM das fördern? Nun, wenn man nach dem Bayerischen Mediengesetz geht, dann könnte man meinen – irgendwie schon:

Sie [die BLM] wirkt darauf hin, dass der Meinungsvielfalt Rechnung getragen wird und dass die Rundfunkprogramme einen angemessenen Anteil von Beiträgen mit kulturellen, kirchlichen, sozialen und wirtschaftlichen Inhalten aufweisen

Das Schlüsselwort hier ist angemessen. Traurig ist, dass der BLM nur 80.000 € für Kultur, aber 115.000 € für Kirche angemessen erscheint – und dabei reden wir nur über die zwei großen christlichen Kirchen, andere Glaubensrichtungen gehen nämlich komplett leer aus. So sieht die BLM das mit der angemessenen Vielfalt und der Meinungsfreiheit: Die sowieso schon mit reichlich Sonderrechten ausgestatteten und finanzstarken Kirchen bekommen hier prominente staatliche Förderung für die Verbreitung ihrer Informationen.

Ich bin ja der Meinung: Wenn die Gläubigen in diesem Land nicht selbst willens sind, genug Geld für die Institution ihres Glaubens zu zahlen, dann sollte das nicht aus allgemeinen Mitteln geschehen. Dementsprechend sollte die Förderung der Kirchen aus dem Mediengesetz ersatzlos gestrichen werden. Dann wäre nämlich auch mehr Geld für die anderen Aufgaben der BLM verfügbar:

Sie [die BLM] fördert die Herstellung und Verbreitung von weiteren Rundfunkprogrammen zur Erhöhung von Vielfalt und Qualität dieser Angebote; gemeinnützige Anbieter und Zulieferer sind dabei besonders zu berücksichtigen,

Ich würde ja sagen: Gerade Community-Medien wie „Radio Z“ sind die wirklich gemeinnützigen Anbieter und sorgen wenigstens für etwas Medienvielfalt in Bayern. Noch besser wäre es, wenn Community-Projekte im Bayerischen Mediengesetz festgeschrieben würden, wie es die Petition Medienvielfalt Bayern fordert.

Eine Reformierung der Gesetze ist das notwendige Mittel, um gegen diese seltsame Sonderstellung der christlichen Kirchen in der BLM-Förderung vorzugehen. Denn wenn man weiß, wie viel der Chef der BLM den Kirchenvertretern und seiner alten Partei schuldig ist, weil man weiß, wie er auf den Posten gekommen ist, wundert einen die BLM-Förderung nicht.

Aber vielleicht sollten wir versuchen, dem Ganzen einfach was Positives abzugewinnen? Religion ist Opium des Volkes, meinte einst Karl Marx. Wenn das stimmt, dann hat Bayern wenigstens in einem Bereich eine sehr liberale Drogenpolitik. In diesem Land fördert man eben ungern Kultur – oder gar moderne Kultur – sondern viel lieber Opium fürs Ohr.

Foto: Richard Alexander Caraballo CC-NC-SA

Hinweis: Dieser Kommentar wurde von Benjamin Stöcker geschrieben und stellt nicht notwendigerweise die Meinung des ganzen Landesverbandes dar. Alle Mitglieder können Kommentare über das entsprechende Formular bei der SG Digitale Medien einreichen.

0 Kommentare zu “Opium fürs Ohr

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert