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Leuchtgrube 7 – Digitale Gesundheitswirtschaft (eHealth ganz unkonkret)

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Bei den Piraten steht der Mensch im Mittelpunkt des Gesundheitssystems.

So lautet der erste Satz im gesundheitspolitischen Abschnitt des Grundsatzprogramms der Piratenpartei. Eigentlich banal, sollte man meinen. Am 23. Januar veröffentlichte das bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie jedoch ein Strategiepapier für die digitale Zukunft Bayerns, in welchem der Mensch im Gesundheitssystem hauptsächlich als ökonomischer Faktor angesehen wird.

Im Bericht wird auf Seite 36 ein Einsparungspotential durch Digitalisierung im Gesundheitswesen von 9,6 Milliarden Euro genannt. Diese Zahl stammt aus einer 2012 von der BITKOM in Auftrag gegebenen Studie. Ganze 6 Milliarden der Einsparungen sollen durch die elektronische Gesundheitskarte entstehen. Diese wird im Bericht des Wirtschaftsministerium allerdings überhaupt nicht erwähnt. Kein Wunder, handelt es sich dabei doch um ein Technologie-Desaster erster Güte. In den sieben Jahren seit der geplanten Einführung wurden immense Gelder verbraten, eine flächendeckende Verfügbarkeit und ein Nutzen für Patienten oder Ärzte besteht aber immer noch nicht.

Des Weiteren fehlt es an Transparenz. Unklar bleibt, wo Einsparungen auftreten sollen – eine Kostenverlagerung wird verschleiert. Zu befürchten ist, dass eine gewinnorientierte Technologie gefördert wird, die einigen wenigen definierten Anbietern nützt; die Kosten dafür müssen jedoch Ärzte und Kliniken tragen, und damit indirekt der Steuerzahler.

Patientendaten, verordnete Medikamente oder Diagnosen gehören mit zu den sensibelsten und schützenswertesten Daten. Das Leuchtturmprojekt „Modellregion für digitale Gesundheitswirtschaft Franken“ fordert die vollständige Vernetzung und Digitalisierung von Patientendaten und bedeutet damit nicht anderes als die Einführung des „gläsernen Patienten“.

Dabei bleiben die Ausführungen ausgesprochen unkonkret. Wie man an der Wordcloud der am häufigsten benutzen Wörter leicht erkennen kann, fehlen komplett Ausführungen zum Datenschutz oder zur Datensicherheit. Dabei müssten bei einem solchen Projekt von Anfang an höchste Anforderungen an den Datenschutz gestellt werden.

Das lässt nichts Gutes hoffen. Die Menschen in der Modellregion werden so zu Versuchskaninchen eines Projektes, bei dem mit ihren intimsten Daten gespielt wird.

Hinweis: Dieser Kommentar wurde von Florian Deissenrieder geschrieben und stellt nicht notwendigerweise die Meinung des ganzen Landesverbandes dar. Alle Mitglieder können Kommentare über das entsprechende Formular bei der SG Digitale Medien einreichen.

3 Kommentare zu “Leuchtgrube 7 – Digitale Gesundheitswirtschaft (eHealth ganz unkonkret)

  1. Bildgebende Verfahren aus der Medizintechnik werden in Bayern bereits für Überwachungszwecke verwendet (Remote Scanning) und verdeckt optimiert:
    http://www.findefux.de/forum/read.php?84,6764,6764#msg-6764

  2. Stefan

    Ihr Aussage es handle sich bei diesem Projekt um eine Gefahr für Patientendaten und dem Ausbau eines „gläsernen Patienten“ ist nicht nur populistisch sondern auch höchstes Bild-Zeitungsniveau!

    Bei dem Projekt soll unteranderem die Telemedizin ausgebaut werden, welche in endlich vielen Pilotprojekten und Studien ausführlich gezeigt haben, dass Kosten reduziert werden können, bei gleichzeitiger Entlastung für zum Bsp. Therapeuten bzw. Ärzte (diese können damit Standardprozesse auslagern und sich auf das wesentliche konzentrieren – dem Patienten) und einer besseren und intensivieren Versorgung!

    So zeigen Studien das in Reha-Zentren, die geforderten Reha-Standards nicht erreicht werden können und mit Hilfe der Telemedizin Patienten unter Supervision am Computerterminal eine unterstützende Behandlung erfahren können!

    Ein weiterer Punkt des Modells ist die Erweiterung des Telemonitorings und AAL! Damit können Ältere Personen länger zu Hause bleiben und über elektronische Geräte telemedizinisch mit einem Ärtztezentrum in Verbindung sein! Dies führt nicht nur zu mehr Lebensqualiät als auch größere Sicherheit für den Patienten!

    Befragen Sie doch mal Diabetes-Patienten in Österreich! Dies haben mit Hilfe eines Überwachungssystems eine erheblich höhere Qualität ihres Lebens erfahren und fühlen sich in keinster Weise als BigBrother-Kanditat bzw. „gläßerner Patient“!!!

    Selbstverständlich spielt das Thema Datenschutz besonders in der Gesundheit eine sehr große Rolle und steht ausser Frage! Dieser ist rein technisch, durch Anonymisierung, Pseudonymisierung, Zugriffsrechten und der Aufteilung von einzelnen Datensätzen auf versch. Servern ohne Probleme gewährleistet!

    Sollten Sie dazu fragen haben fühlen Sie sich dazu aufgerufen mir eine Mail zu schreiben!
    Ich lasse Ihnen die dazugehörigen Studien und Belege gerne zukommen!

    MfG

    Stefan

    Stefan

    • Natürlich ergeben sich durch den technischen Fortschritt neue Chancen, auch im Gesundheitssektor. Das Telemedizin grundsätzlich sinnvoll eingesetzt werden kann wollte ich nicht in Frage stellen. Gerade die eher technikfreundlichen Piraten sind sich dessen bewusst. Nur kennen wir auch die Risiken und Gefahren.

      Sie kommentieren lapidar zum Thema Datenschutz, dass dieser technisch ohne Probleme gewährleistet werden kann. Hier bewundere ich ihren Optimismus. Vergangene Projekte, wie z.B. die elektronische Gesundheitskarte, haben deutliche Mängel diesbezüglich aufgewiesen. Große Sammlungen von Patientendaten werden entsprechende Begehrlichkeiten von verschiedenster Seite wecken. In den aktuellen Planungen der Regierung, soweit einsehbar, fehlen mir jedoch genau hierzu fundierte Aussagen und ich kann nicht erkennen das dem Thema Datenschutz die notwendige Aufmerksamkeit gewidmet wird.

      Interessante Studien zum Thema Telemedizin dürfen sie mir natürlich gerne senden.

      MfG, Florian
      florian@deissenrieder.de

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