Kommentar

Direkte Demokratie: Und am Ende sind sie dagegen

Bild: André Walter – CC-BY

Vorgestern fand die zweite Lesung eines Gesetzesentwurfes der Grünen zur Stärkung des Volksbegehrens in Bayern statt. Die Grünen forderten dabei, dass ein Volksbegehren zukünftig nicht nur über Gesetze sondern auch über Sachentscheidungen sowie über Staatsverträge möglich sein soll. Darüber hinaus sollte klar gestellt werden, dass nur über den Haushalt direkt keine Volksbegehren möglich sein sollen, über haushaltswirksame Gesetze durchaus. Als dritte Maßnahme sollte das Quorum für einen Volksentscheid von zehn Prozent auf fünf Prozent der Bevölkerung gesenkt werden.

Alles sinnvolle Forderungen und eigentlich auch immer wieder Dinge, die von anderen Parteien gerne gefordert werden. Umso erschreckender ist es, welche Beschlussempfehlungen die Mitglieder der Einzelnen Parteien dem Plenum gegeben haben: CSU, Freie Wähler und FDP geschlossen dagegen. Die SPD enthält sich. Alle Parteien außer die Grünen zeigen damit, was sie wirklich von mehr Bürgerbeteiligung und mehr Direkter Demokratie halten: Nichts.

 

Diese Mehrheiten zeigen auch deutlich, wie die sogenannte Dreier-Konstellation, mit der Herr Ude die CSU aus der Regierung jagen will, eben in vielen Punkten wirklich zu einander stehen: Auf unterschiedlichen Seiten der selben Linie.

Dabei klingt so manches Wahlprogramm noch ganz anders. So stand bei der SPD im Jahre 2008:

Eine SPD-geführte Staatsregierung wird … die Bürgerinnen und Bürger zur Einmischung in den Willensbildungsprozess ermuntern und die Instrumente der unmittelbaren Demokratie in Bayern stärken und ausbauen. Die Schwellen für die Zulassung von Volks- und Bürgerbegehren müssen gesenkt werden.

Da wirkt die Enthaltung zu dem Gesetz wie blanker Hohn. Noch spannender ist die Meinung von Winfried Bausback (CSU), der im Plenum sinngemäß sagte, dass ein Volksbegehren initiiert durch das Parlament bedeutet, dass sich die Parlamentarier aus ihrer Verantwortung stehlen würden. Mehr Demokratie ist für die CSU scheinbar Verantwortungslosigkeit.

Dabei wäre mehr Demokratie in Bayern wirklich notwendig, denn die derzeitigen Hürden für ein Volksbegehren sind riesig und kaum zu stemmen – die Zeichen der Zeit stehen aber auf mehr Teilhabe aller Bürger. Dass ein Miteinbeziehen der Bürger und ein Volksentscheid auch Situationen befrieden kann, zeigt der Streit um Stuttgart 21. Klar haben die Gegner dort verloren, aber erst durch den Volksentscheid hatten sie überhaupt eine faire Chance auf Teilhabe.

Das Beispiel zeigt vor allem: Teilhabe befriedet. Auch wenn ich am Ende des Prozesses als Verlierer da stehe. Denn die meisten Menschen sind vernünftig und akzeptieren auch Entscheidungen, wenn sie das Gefühl hatten, dass der Prozess zu der Entscheidung fair und transparent war.

Dass die Parteipolitiker in Bayern überwiegend unsere demokratischen Prozesse nicht so gestalten wollen zeigt, wie nötig neue Mehrheiten sind. Und diese sind jenseits von CSU, FDP, Freien Wählern und scheinbar auch der SPD.

Hinweis: Dies ist ein Kommentar von Benjamin Stöcker und stellt nicht notwendigerweise die Meinung des ganzen Landesverbandes dar. Es können Mitglieder des Landesverbandes Kommentare einreichen. Wie erfahrt ihr bei der SG Digitale Medien.