Lieber Horst Seehofer,
mit Freude haben wir vernommen, dass Sie Bayern ins digitale Zeitalter geleiten wollen. Bei der Lektüre des Resolutionsplans „Bayern 3.0“ ist uns besonders positiv aufgefallen, dass die CSU sich bei Themen wie Netzneutralität, Breitbandausbau in der Fläche, Open Access und Creative Commons den Piratenforderungen zu diesen Themen größtenteils anschließt. Gut gemacht!
Allerdings waren wir bestürzt, als wir lesen mussten, dass bei ihrer beherzten Copy-und-Paste Aktion aus unserem Grundsatzprogramm einiges schiefgelaufen ist. So ist Ihnen bedauerlicherweise unter anderem die Vorratsdatenspeicherung und die Quellen-Telekommunikationsüberwachung in die Resolution gerutscht. Aber vielleicht können Ihre Mitarbeiter das noch schnell korrigieren. Gerne helfen wir mit einer Zusendung unseres Grundsatzprogrammes in analoger oder digitaler Form!
Wenn man das Resolutionspapier liest, das Sie im beschaulichen Kloster Banz beschlossen haben, dann fällt auf, dass Angst bei dem Bayernbild der CSU eine große Rolle zu spielen scheint. Anders ist es nicht zu erklären, wie Sie auf unbelegte und generische Statistiken wie „ein Drittel aller Mädchen fürchtet sich vor Cybermobbing“, oder „75% der privaten Internetnutzer fühlen sich durch Cyberkriminalität bedroht“ zurückgreifen. Aber natürlich, den Sicherheitssektor wollen Sie stärken. Dass man von „Cybersecurity“ ganz schnell bei „lückenloser Überwachung“ ist, lässt Sie vermutlich nicht unruhig schlafen.
Uns schon.
Dass Sie Kulturgut digitalisieren wollen, ehrt Sie. Gerne können Sie uns erläutern, mit welchen zusätzlichen finanziellen Mitteln Sie dieses wundervolle, großangelegte Projekt zu stemmen gedenken, wo Sie doch grade eben erst vom Leuchttürme Errichten gekommen sind und die meisten Kulturinstitutionen in Bayern momentan schon an einer Verschlagwortung ihrer Exponate scheitern. Und warum Bayern einen Sonderweg einschlagen muss, anstatt mit der Deutschen Digitalen Bibliothek zu kooperieren, die langfristig eine Digitalisierung aller deutschen Kulturgüter anstrebt, ist uns auch nicht ganz klargeworden. Ist Ihnen vielleicht suspekt, dass die DDB eine offene und kostenfreie Verfügbarkeit der Daten anstrebt?
Da Sie im letzten Absatz der Resolution Experten (warum eigentlich keine Expertinnen?) und Bürger und Bürgerinnen explizit einladen, an der Ausgestaltung des „Betriebssystems Bayern 3.0“ mitzuwirken, bieten wir Ihnen gerne an: fragen Sie doch mal jemanden, der sich richtig mit den Themen auskennt: wir sind da gerne Ihr Leuchtturm. Bei uns können Sie sogar das Medienseepferdchen machen!
Mit den allerbesten Grüßen,
Tina Lorenz, Landesbeauftragte Kulturpolitik Piratenpartei Bayern
Bruno Gert Kramm, politischer Geschäftsführer Piratenpartei Bayern
Stefan Körner, Vorsitzender Piratenpartei Bayern
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