Dieser Artikel ist ein Gastbeitrag unseres Beisitzers Arko Kröger:
Der Beginn
Die Energieeffizienz-Experten, welche verpflichtend notwendig sind, um sich für eine Förderung von Gebäudesanierungen zu qualifizieren, sind in der Lage, überteuerte Leistungen von den zu Fördernden zu bekommen, weil diese nicht direkt vom Staat zur Verfügung gestellt werden, sondern privat gegen ein Honorar angeheuert werden müssen. Dies ist nicht nur Geldverschwendung, sondern reduziert auch die Zugänglichkeit der Förderung.
Als ich am Sonntag, dem 12.März zum Thema Förderung von energetischen Sanierungen recherchiert habe, ist mir etwas sehr Interessantes ins Auge gesprungen. Laut des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle wird im Rahmen der Antragstellung für die Bundesförderung für effiziente Gebäude ein sogenannter “Energieeffizienz-Experte” benötigt. Dieser Energieeffizienz-Experte ist dann dafür zuständig, einen Plan gemeinsam mit dem Beantragenden zu erstellen. Was mich zunächst daran störte, ist, dass dieser Beauftragte nicht vom BAFA zur Verfügung gestellt wird, sondern privat gesucht werden muss, was schonmal ein Alarmsignal für staatliche Förderprogramme ist. Der Zugang zu einer Förderung muss niederschwellig sein, damit diese effektiv genutzt wird. Andernfalls kann es schnell passieren, dass die Förderung einfach liegen bleibt, weil sich die Menschen unsicher sind, wie man am besten als Nächstes vorgeht. Also habe ich einen kleinen Tweet auf Twitter gepostet:
Woraufhin ich eine Antwort bekam, durch die diese Thematik für mich erst richtig interessant wurde:
Der Experte kostet mehr als die Förderung bringt? Wie kann das denn sein?
Um zu zeigen, wie genau das zustande kommt, lasst uns mal den Fall kurz rekonstruieren. Also:
Wir haben eine Person A, welche ein schlecht gedämmtes Haus hat und will für die Sanierung nun schauen, ob sie eventuell Stütze vom Staat bekommt. Da Person A wahrscheinlich zwingend einen Energieeffizienzbeauftragten braucht, sucht sie jetzt im Internet nach eben so einem Beauftragten und stößt dabei auf Person B. Jetzt ist nun die Frage, wie genau Person B nun auf die Beauftragung von Person A reagiert. Im Fall von @H777Werner sah das so aus:
Wieso genau hat der Berater hier 2.000 Euro veranschlagt und dann nur 300 Euro genommen? Was ist der Sinn dahinter? Was hier passiert, ist eine Ausnutzung der Tatsache, dass Person A über deutlich weniger Informationen verfügt, als Person B.
(Im Regelfall, in dem konkreten Fall hier haben wir einen Handwerker der etwas erfahrener ist, weshalb er wahrscheinlich den Braten gerochen hat.)
Informationsasymmetrie
Definition: Asymmetrische Information in den Wirtschaftswissenschaften bezieht sich auf eine Situation, in der eine Partei mehr Informationen hat als die andere. Dieses Ungleichgewicht kann zu Marktineffizienz führen. Ein Beispiel ist der Gebrauchtwagenmarkt, wo Verkäufer mehr über den Zustand des Autos wissen als potenzielle Käufer.
Asymmetrische Informationen wirken je nach Situation unterschiedlich, aber deren Auswirkungen sind generell eher negativ. Hier beispielsweise wirkt sich das folgendermaßen aus:
Person A ist relativ unerfahren mit der Baubranche und den möglichen Subventionen und ist daher wahrscheinlich nicht in der Lage, einzuschätzen, wie viel so ein Energieeffizienzexperte wohl kosten sollte. Person B dagegen kennt sich mit den zu erwartenden Subventionen und dem Aufwand einer Untersuchung besser aus und kann daher besser einschätzen, wie viel er verlangen kann. Wir gehen in diesem Fall davon aus, dass die Vergütung von Person B durch Person A nur dann zustande kommt, wenn die Subventionen genehmigt werden, da andernfalls das wahrgenommene Risiko für Person A zu hoch wäre. Jetzt ist die Frage, wie genau nun Person B am besten handelt, um am Ende mit mehr Geld dazustehen. Da der Preis der Überprüfung geringer sein muss als die Subvention selber, gibt es also einen limitierenden Faktor. Allerdings weiß Person A nicht, wie hoch die Subventionen voraussichtlich sein werden. Person B wendet jetzt einen kleinen Trick an: Zunächst wird durch einen hohen Kostenvoranschlag ein hoher Aufwand für die Überprüfung suggeriert. Normalerweise würde ein hoher Preis sehr abschreckend auf Person A wirken, doch da diese Kosten ja nur ein Mittel sind, um dafür mehr durch die Subventionen zu erhalten, suggeriert dieser Preis auch, dass es wahrscheinlich relativ viel zu holen gibt. Sobald der Energieeffizienz-Experte ankommt und seine Überprüfung durchführt, kann er jedoch analysieren, wie viel Subventionen es wahrscheinlich für Person A geben wird. Darauf basierend berechnet er jetzt die eigentlichen Kosten, welche sich indessen in etwa dem anpassen, was von den Subventionen zu erwarten wäre. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so wirkt, doch in Wahrheit ist es kein Stundenlohn, der sich in etwa an der geleisteten Arbeit orientiert, sondern mehr eine Provision basierend auf der Menge der gewonnenen Subventionen. Hätte Person B mit einem niedrigen Kostenvoranschlag operiert, hätte er das nicht machen können, denn dann wäre es sehr offensichtlich, dass er versucht, mehr zu verlangen, als angemessen wäre.
Die Lösung
Das Grundproblem bei diesem Fall besteht darin, dass der Subventionsberechtigte, jemanden bezahlen muss, um zu erfahren, auf was er Anspruch hat. Es gibt keine großartige Alternative, dies auf andere Art herauszufinden. Gleichzeitig ist er nicht in der Lage einzuschätzen, wie viel er angemessener Weise für diese Dienstleistung bezahlen sollte. Dies gibt dem Energieeffizienz-Experten eine ungewöhnlich starke Verhandlungsposition, welche dazu führt, dass von den Subventionen am Ende kaum etwas beim Subventionierten übrig bleibt. Die Lösung dafür ist allerdings relativ einfach: Lasst die Energieeffizienz-Experten einfach direkt für den Staat arbeiten. Warum? Ganz einfach: Würde der Energieeffizienz-Experte vom Staat bezahlt und jedem auf Anfrage direkt kostenlos zur Verfügung gestellt, dann würde dieser wie ein normaler Angestellter per Stundenlohn bezahlt. In diesem Verhältnis ist das Marktmachtverhältnis etwas ausgeglichener und die Entlohnung würde sich eher am tatsächlichen Aufwand der Leistung orientieren. Zudem wäre dadurch das Programm auch zugänglicher für alle, da der Zugang niederschwelliger sein würde und es keine Kostenvoranschläge mehr gäbe, die den Subventionierten verunsichern.
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