Bayern

Global Marihuana March 2016 – München

Rede von Nicole Britz auf dem „Global Marihuana March“ am 07.05.2016 in München.

Willkommen in Bayern,
Willkommen in München
in der Weltdrogenhauptstadt
wo alljährlich die größte Drogenparty der Welt stattfindet.
Ich bin Nicole Britz – Vorsitzende der Piratenpartei Bayern.

Alljährlich versinkt München über Wochen in einer Parallelwelt aus Drogen und Gewalt.

Schlägereien.
Berauschte Menschen wanken durch die Stadt.
Überall Pfützen von Kotze.
Körperverletzung, auch schwere.
Viele Diebstähle.
Falschgelddelikte.
Zahlreiche Sexualdelikte.
Zwei Todesfälle, weil Drogenkonsumenten in Verkehrsunfälle verwickelt wurden.
Hunderte Verletzte, viele davon schwer!

Ihr werdet es längst gemerkt haben.
Ich rede hier nicht vom Global Marihuana March.
Ich rede vom Oktoberfest.
Man brüstet sich hier gern mit neuen Besucher- und Umsatzrekorden. Die Wiesn ist ein immenser Wirtschaftsfaktor. Auch, wieviel Maß Bier heuer wieder gesoffen wurden. Da ist man stolz drauf. 7,7 Millionen Maß Bier zum Beispiel 2014

„DU SOLLST KEINE ANDERE DROGEN NEBEN MIR HABEN!“ ist das Credo bayrischer Drogenpolitik.

Bei soviel Liebe zur Droge Bier – mitunter als flüssiges Brot verherrlicht – bei soviel Liebe zur Droge Alkohol, mutet die harte Verfolgung von anderen Drogen noch befremdlicher an.
Im Polizeibericht zur Wiesn 2015 steht, dass in 231 Fällen Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz festgestellt wurden. In Bayern ist davon auszugehen, dass ein deutlicher Teil dieser Verstöße vor Gericht landen und bestraft werden wird. Das muss man sich mal reinziehen. Millionen Besoffene und die Kiffer werden verknackt. Man könnte fast auf die Idee kommen, die Brauerlobby würde hier auf die Staatsregierung einwirken….

Während woanders Marihuana längst legalisiert ist – oder sich auf dem Weg der Legalisierung befindet, wird in Bayern immer noch hart durchgegriffen.

Da ist man übrigens auch stolz drauf. Erst vor kurzem stand in der Zeitung, dass Polizei und Staatsanwaltschaften da sehr stolz drauf sind.
Dabei hat sich selbst im Mutterland des „War on drugs“ den USA die Erkenntnis durchgesetzt, dass dieser Krieg sinnlos ist. Und sehr sehr teuer.

Die derzeitige Drogenpolitik ist für die an ihr beteiligten Staaten ein Verlustgeschäft.

Um den vermeintlichen „Idealzustand“, also weitestgehende Abstinenz von allen illegalen Drogen, zu erreichen, gab der deutsche Staat in den 2000ern pro Jahr zwischen 3,7 und 4,6 Milliarden Euro für Präventions-, Interventions- und Repressionsmaßnahmen aus.

Dabei kiffen Deutschland vier Millionen Menschen trotzdem und sind bereit, die gesalzenen Preise der Straßendealer für minderwertigen, gestreckten oder gar toxischen Stoff zu bezahlen. Dass es möglich ist, staatlicherseits an der Legalisierung von Cannabis gut zu verdienen, haben einige Bundesstaaten der USA vorgemacht: alleine Colorado gelang es, in der ersten Halbjahr 2014
34,9 Millionen US-$ einzunehmen. Inzwischen wird die Freigabe nicht nur Drogenkonsumenten gefordert, sondern auch von zahlreiche Experten. Auch Strafrechtsprofessoren finden sich unter ihnen, ihr Fazit zur derzeitigen Drogenpolitik lautet: „gescheitert, sozialschädlich und unökonomisch“.

Aber in Deutschland ticken die Uhren noch anders:
Die Polizei in Sachsen hat aus der Geschäftsstelle der Chemnitzer Piraten Werbematerial, und Flyer beschlagnahmt. Bei dem Werbematerial handelt es sich um Beutel mit Vogelfutter, denn etwas anderes sind die dort enthaltenen Hanfsamen nicht.  Männlicher Nutzhanf und nicht psychoaktiv. Vogelfutter eben. Inzwischen haben die beiden Piraten Strafbefehle erhalten. Wegen des Inverkehrbringens von Vogelfutter?

Diese Szene hätte sich auch in einem anderen Freistaat abspielen können – in Bayern. In dem Bundesland, wo der Bierkonsum glorifiziert wird , geht man gegen Cannabiskonsumenten gerne mit aller Härte vor. Schon der Besitz kleinster Mengen wird bestraft und hält die Justiz beschäftigt. Ein Prosit der Bigotterie!

Prohibition funktioniert nicht. Dies konnte man schon während der Alkoholprobibition in den USA von 1919 bis 1933 beobachten.

Was durch diese Verbote gefördert wird, ist einzig die organisierte Kriminalität. Damals blühte die Mafia auf. Und heute finanzieren sich damit Terrorgruppen.

Die Mafia konnte übrigens durch die Alkoholprobibition in den USA erst so richtig an Einfluß gewinnen. Getrunken wurde mehr als je zuvor.
Am Ende lernen wir auch hier, dass ‚gut gemeint‘ das Gegenteil von ‚gut gemacht‘ ist.

Cannabiskonsumenten sind gezwungen, sich auf dem Schwarzmarkt versorgen. Der kennt bekanntlich keinen Verbraucherschutz. Und keinen Jugendschutz. Und die Konsumenten tragen in besonderem Maße das Qualitiätsrisiko.
Die Älteren unter euch werden sich noch an die Aufregung erinnern, als Mitte der 1980er Jahre Weinpanscher Glykol in den Wein mischten. Solche Panschereien sind bei Cannabis der Standard.
Die Händler schrecken nicht davor zurück, ihre Ware zu strecken. Vor einigen Jahren etwa wurde hochgiftiges Blei zur Erhöhung des Gewichts verwendet.
Ein Joint reichte aus, um eine schwere Bleivergiftung herbeizuführen, die zu Organversagen, Hirnschäden und sogar zum Tod führen kann.
„Dann kifft halt ned!“ heisst es dann von denen, die sich sich dann gleich noch ein Bier bestellen!

Über die allgemeinen und individuellen Risiken von Abhängigkeiten muss im Bezug auf Drogen objektiv aufgeklärt werden.
Das gilt auch für Risiken bei Alkohol und Tabak. Die Steuereinnahmen aus dem Verkauf all dieser Produkte dürfen nicht nur die Staatskasse füllen, sondern müssen auch
in Aufklärung, Suchtprävention und Hilfe für Schwerstabhängige fließen. Die Verbotspolitik ist daran gescheitert und an den Kosten, die sie verursacht.

Hey Staatsregierung! Colorado investiert Steuergeld aus dem Cannabisverkauf in Forschung, warum Cannabis bei Epilepsie hilft. Und was macht ihr?

Die gegenwärtige bayerische Situation in der Drogenpolitik ist widersprüchlich.
Legale Drogen – wie Alkohol und Tabak – werden verharmlost.
Andere, – zur Zeit – illegale Substanzen, werden unabhängig vom tatsächlichen Gefahrenpotential kriminalisiert.

Wir Piraten setzen auf Aufklärung.
Wir Piraten fordern eine vernünftige Drogen- und Suchtpolitik.
Wir Piraten fordern ein Ende der Kriminalisierung.

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