Es ist wirklich schön, wenn sich ein von der FDP geführtes Ministerium über die Zukunft der Wirtschaft und damit die Zukunft der Gesellschaft Gedanken macht. Die dritte Leuchtgrube der „Digital Bavaria Strategie“ ist die „digitalisierte Produktion“.
Worum geht’s? Nun, die Staatsregierung will künftig die Forschung in der bayerischen Industrie vorantreiben. Konkret will sie die Forschung auf das Internet der Dinge fokussieren – wobei sie natürlich nicht verstanden hat, worum es dabei geht. Die Idee ist eigentlich simpel. Einzelne Einheiten in Produktion und Logistik sollen sich selbständig vernetzen, miteinander kommunizieren und so die Produktion aufbauen wie das Internet: hochkommunikativ, dezentral, selbst organisierend und nahezu voll automatisiert. Der Einsatz einer zentralen Steuerungseinheit oder gar eines Menschen soll möglichst vermieden werden.
Wegweisend für uns ist sicher auch die Forschung an den „Cyber-Physical-Systems“. Die Rechnerpower, die in dezentralen, mobilen Systemen vorhanden ist, macht hochkomplexe, vernetzte Strukturen und Kommunikation möglich, und die Industrie beginnt erst, die Produktivität mit diesen Mitteln zu steigern.
Also alles rosa? Nicht ganz. Sicher, es ist gut, die Forschung in diesem Bereich voran zu treiben. Denn kommen die Ideen und Lösungen nicht aus Bayern, kommen sie woanders her, aufhalten werden wir die Entwicklung nicht. Aber es fehlt wie immer ein grundlegender Gedanke:
Wie organisieren wir eine Gesellschaft, in der nahezu alle grundlegenden Prozesse automatisiert ablaufen? Wie stellen wir soziale Gerechtigkeit her, wenn man bedenkt, dass wir die Produktivitätssteigerung nicht in eine Erhöhung des Lebensstandards umsetzen können, weil die natürlichen Ressourcen (Energie, Metalle etc) dazu nicht ausreichen?
Diese Diskussion ist dringend nötig, denn wir leben bereits mitten in der digitalen Gesellschaft. Die Verlage kämpfen gerade mit einem Leistungsschutzrecht gegen die unausweichliche Zukunft, die die Automatisierung von Chefredaktionen durch Algorithmen mit sich bringen.
Und in Deutschland ist die Arbeitslosigkeit so niedrig, weil wir als Billiglohnland diese Arbeitslosigkeit an unsere europäischen Partner exportiert haben. Spanien ist bei einer Arbeitslosigkeit von 25% trauriges Opfer einer Entwicklung, die Deutschland spätestens dann erfassen wird, wenn die unvermeidbaren „Flüchlinge der Krise“ nach Deutschland kommen, um ihre Existenz zu sichern.
Das alles kommt in der Strategie der FDP und der bayerischen Staatsregierung nicht vor. Wachstum über alles, egal was passiert. Das kann aber nicht die Antwort sein. Wir müssen dringend eine europaweite Diskussion führen, wie wir das soziale Zusammenleben in unserer Gesellschaft organisieren und über die Güter des täglichen Bedarfs hinaus sogar Luxus fast voll automatisiert in ausreichender Menge produzieren wollen.
Das wird auch eine Aufgabe der Piraten sein. Wir haben dazu zumindest schon mal eine Idee – das BGE.
Symbolbild: ME-Arbeitgeber – CC-BY
Hinweis: Dieser Kommentar wurde von Benjamin Stöcker geschrieben und stellt nicht notwendigerweise die Meinung des ganzen Landesverbandes dar. Alle Mitglieder können Kommentare über das entsprechende Formular bei der SG Digitale Medien einreichen.
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