Oder auch: Welche Rolle spielen Studiengebühren?
Entgegen mancher landläufiger Argumentation geht es bei Studiengebühren nicht um eine verbesserte Finanzierung der Hochschulen. Gebührenmodelle ergeben lediglich einen kleinen Zuschuss zur Bildungsfinanzierung.
Es geht um den Steuerungsaspekt
Gebühren sind das entscheidende Mittel zur Durchsetzung marktmäßiger Strukturen im Hochschulwesen. Sie läuten das Ende des „Rechts auf Bildung“ ein.
Der Zugang zu Bildung wird an die Geldbeutel der Eltern gebunden oder zur hochrisikobehafteten Selbstinvestition. Werden Bildungskosten bzw. die Finanzierung von Studienplätzen als „Investition“ begriffen, erhöht sich der Druck auf eine präzisere „Kalkulation“ dieser Ausgaben.
Konkurrenz der Hochschulen soll sich auch auf das Feld der Studierendenauswahl erstrecken, so wie sich jedes private Unternehmen seine „MitarbeiterInnen“ selbst aussucht. Die politisch garantierte Bildungsbeteiligung, das „Recht auf Bildung“ bzw. was davon übrig geblieben ist, wird durch eine individuelle Nachweispflicht persönlicher „Eignung“ ersetzt.
Dafür werden neue Instrumente der Leistungs- und Erfolgskontrolle eingeführt (Budgetierung, Controlling, Ranking, Evaluation etc.). Private Finanzierungsquellen müssen anstelle der versiegenden staatlichen erschlossen werden, was eine zunehmende Privatisierung der Verantwortung für das öffentliche Bildungssystem hervorruft. Dazu gehören Maßnahmen wie Studiengebühren, Hochschulmarketing, Sponsoring, (Teil-) Privatisierungen einzelner Hochschulangebote etc.
StudentInnen müssen ihren Studienverlauf danach ausrichten, ihre eigene finanzielle Investition möglichst gering zu halten und gleichzeitig darauf achten, eine möglichst hohe „Rendite“ zu erzielen. Das heißt, dass das Individuum – noch viel mehr als das heute bereits der Fall ist – danach strebt, in kurzer Zeit das Wissen zu erwerben, das ihm die besten Chancen auf dem Arbeitsmarkt bietet.
Die Folge ist
An die Stelle einer kritischen Aneignung des Wissens tritt die dosierte und rationierte Zuteilung eines begrenzten, scheinbar neutralen Stoffes. Bildung à la McDonald als Junk-Food für die Masse. Abweichungen vom akademischen und beruflichen Mainstream erhöhen die persönlichen Kosten.
Infolge dieser Veränderungen werden die Hochschulen und die einzelnen Fachbereiche wiederum gezwungen, ihr Angebot stärker auf den Markt auszurichten, um StudentInnen anzuwerben.
Es gibt eine große Anzahl von Billig-Studiengängen (wie den Bachelor) für die Massen und einige wenige weiterführende – also länger dauernde und damit teurere – Abschlüsse für die finanzkräftige akademische, politische und ökonomische Elite. Deren Ausbildung wandert in Privatuniversitäten als Eliteanstalten der neuen vermögenden Oberschicht ab.
Es werden (fast) keinerlei Kontrollinstrumente mehr benötigt, um die „faulen Studenten“ zu konformen Verhalten zu zwingen, da diese sich entsprechend verhalten müssen, wenn sie systemimmanent die rational beste, also lohnendste Entscheidung treffen wollen.
Demnach sind Studiengebühren der zentrale Hebel, ökonomische Selbstanpassung der Subjekte, institutionelle „Modernisierung“ der Hochschulen und gesellschaftliche Märkte miteinander zu verbinden.
Deswegen: „Schluss mit Studiengebühren!“
Hinweis: Dieser Kommentar wurde von Dr. Kurt Wanner geschrieben und stellt nicht notwendigerweise die Meinung des ganzen Landesverbandes dar. Alle Mitglieder können Kommentare über das entsprechende Formular bei der SG Digitale Medien einreichen.
Zu 1OO % hat Dr. Wanner recht. Mehr Männer mit diesem Weit-blick braucht das Land.
Gegen die Dummheit, Ignoranz und gierige Enge unserer Volks-vertreter!!!
Andreas Cipa
Ahoi Kurt,
danke für den Artikel, Schade, dass wir den Gedanken des „Menschen als Halbfertigware für die Industrie“ im Volksbegehren nicht stärker in den Vordergrund bringen können
Ansgar
MEHR SO KLUGE MÄNNER WIE DR. KURT WANNER BRAUCHT DAS LAND.
NICHT DIE KORRUPTEN, GRAPSCHENDEN, BEZAHLTEN SCHMALDENKER.
WEITER SO, KURTI, DU GEDIEGENER SPRÜHKPF!!!
Kurt
vielleicht läßt sich das bei einem bier „weiter ausführen“.
Melde dich doch einfach mal.
Richard