Das bayerische Kultusministerium und der Lehrerverband liefern sich zurzeit eine kleine mediale Schlammschlacht. Es geht dabei um Pikantes – genauer gesagt um Pornos. Weil Kinder immer jünger und immer weitreichender mit Pornografie im Internet konfrontiert würden, bräuchten bayerische Schüler und Schülerinnen mehr Sexualaufklärung, fordert der Lehrerverband. Jugendliche würden sonst mit den Eindrücken, die sie im Internet gewännen, alleine gelassen.
Das Kultusministerium auf der anderen Seite ist der Meinung, „umfassende Werte- und Persönlichkeitserziehung und Medienbildung“ sei völlig ausreichend, um sich dem Themenkomplex Internetpornografie beurteilend stellen zu können. Wir erinnern uns an den momentanen Stand der Medienausbildung an bayerischen Schulen und lachen kurz.
Natürlich ist eine gefestigte Persönlichkeit super, wenn man sich mit Inhalten beschäftigt, die einen eventuell verwirren oder verstören könnten. Gerade bei Pornografie allerdings ist eine sinnvolle Einordnung erst dann möglich, wenn man selbst bereits einige sexuelle Erfahrungen gesammelt hat. Ich gehe davon aus, dass das Kultusministerium nicht für eine möglichst umfassende praktische Horizonterweiterung bei Jugendlichen wirbt.
Darum ist es dringend vonnöten, dass der Sexualkundeunterricht up to date gebracht wird. Sexualkundelehrer_innen sollten mit Jugendlichen über Internetpornografie oder überhaupt Pornografie explizit sprechen können. Da es aber noch kaum Material für die Schulaufklärung gibt, die sich mit Pornografie befasst, und eine Fortbildung des Lehrpersonals in diesen Belangen vom Kultusministerium offenbar unerwünscht, sind die Lehrer_innen in der unglücklichen Lage, im Rahmen des Sexualkundeunterrichtes völlig veraltete Inhalte präsentieren zu müssen, was ihre Rolle als Aufklärer nicht einfacher macht. Dabei wäre es immens wichtig, die rein visuellen Reize der Pornografie in einen Zusammenhang mit dem multisensorischen Erlebnis der einwilligend ausgelebten Sexualität zu stellen und auch die Unterschiede zu beleuchten.
Dass viele Jugendliche Pornografie mit Sex verwechseln liegt nicht zuletzt an der mangelnden Aufklärung und daran, dass zumindest das Kultusministerium Pornos als weit zu umschiffendes Tabuthema zu begreifen scheint.
Deshalb: Aufklärung statt Dämonisierung!
Foto: get directly down – CC-BY<
Hinweis: Dieser Kommentar wurde von Tina Lorenz geschrieben und stellt nicht notwendigerweise die Meinung des ganzen Landesverbandes dar. Alle Mitglieder können Kommentare über das entsprechende Formular bei der SG Digitale Medien einreichen.
Danke für diesen Beitrag. Dies ist nicht nur unter Jugendlichen zu beobachten, auch unter „älteren Teilnehmern“ ist vielfach zu beobachten, dass sie den Unterschied zwischen Pornographie und Sex nicht kennen … noch nicht einmal den Unterschied zwischen erotischer Kunst und Pornographie.
Lieber Gruß
Bernd
Das sehe ich auch als Problem an. Die Phantasien, die durch die Pornos hervorgerufen werden, sind dann meist sehr weit entfernt von der Realität. Kennst du schon http://harri-wettstein.de/pornoforschung? Finde die Seite sehr interessant, da dort nach Lösungen gesucht und geforscht wird, um eine bessere Sexualaufklärung auf diesem Gebiet zu ermöglichen.
Diesen Beitrag braucht es einfach im katholischen Bayern.
Auch ich pflichte bei das zeitgemäßes Unterrichtsmaterial benutzt wird.Jedoch greift dann evtl. das Verbot Jugendlichen Hartcore-Pr0n zugänglich zu machen.
Auch ich bin nicht daran gestorben die versteckten Heftchen daheim zu finden. Ich bezweifele das ein Jugendlicher dem Irrsinn verfällt wenn er in der Schule moderiert damit konfrontiert wird.
Sex kann, wie der Vorposter sagt, Kunst sein. Sex ist doch eigentlich das natürlichste der Welt und ein jeder versteht darunter etwas anderes.
Aufklärung und sinnvolle Vermittlung an Heranw(i)achsende entschärft das von Kirche und Staat geschaffene Pfui-Thema.
du hast keine Kinder die mind. 10 sind oder? Und genau das merkt man.
Die Aufklärung macht nur Sinn wenn das Kind reif dafür ist. Das schreibst du ja sehr richtig. Da liegt aber genau das Problem. Kinder sind unterschiedlich und Lehrer wissen nicht ob ein Kind reif ist oder nicht. Sie schicken auch das unreife Kind nicht raus. Für mich gehört dieser Teil in den Bereich Elternzuständigkeit. Denn auch die Elternhäuser machen es unterschiedlich. Und auch das muss ja beachtet werden. Ansonsten haben wir so schöne Auswüchse wie: “ wir lehren euch jetzt wie man Freunde gewinnt. Hier ist ein Fragebogen den ihr mit eurem Tischnachbarn austauscht dort steht drauf: willst du mein Freund sein? Kreuz an ja oder nein…. “ Und das ist keine Satire! Solche Themen gehören zur Privatsphäre und nicht in Lehrer Hände, die es nicht so umsetzten wie es die Eltern wünschen und erst recht nicht auf die Kinder eingehen.
und noch ein Nachtrag: es gibt auch Kinder, die schauen KEIN TV und verwenden KEINEN Computer und haben somit überhaupt keinen Kontakt mit den von dir angesprochenen Inhalten über diese Medien. Die sollen dann schön im Unterricht -mit standardisierten seltsamen Materialien- die volle Breitseite erhalten?
Wenn ich auf den Kommentar meiner Vorkommentatorin Miriam eingehen darf … wenn man die Aufklärung mit dem Kommentar „das Kind ist noch nicht reif genug dafür“ immer weiter raus schiebt, weil es ein Thema ist, dass den Eltern peinlich ist, dann erlebt man solche Auswüchse wie z. B. 12 Jährige die Schwanger werden.
Tatsache ist, Kinder haben noch keinerlei Schamgefühl oder irgendwelche Probleme bei der Herangehensweise an geschlechtliche und sexuelle Themen. Diese Schamgefühle werden ihnen nur durch ein prüdes Elternhaus und eine prüde Gesellschaft indoktriniert.
Es ist kein Zufall, dass es keine tauglichen Ehen gibt, und tatsächlich ist jede Gesellschaft so gut oder so schlecht wie Ehen, womit ich auch nichteheliche Partnerschaften meine.
Ich möchte Diskussionsanregend auf folgende Internetbeiträge hinweisen:
http://sexualaufklaerung.at/texte-00/sexualschema-des-menschen-nach-seinen-trieben.html
http://sexualaufklaerung.at/texte-00/carina-und-ronen.html
Ja, es ist eine Tatsache, dass es zur Abschaffung der naturgegebenen basisdemokratischen menschlichen Gesellschaft und zu deren Ersatz durch eine streng hierarchisch regierte Gesellschaft nötig war, die gelebte Sexualität gegenüber der biologischen Hochzeit des Menschen (die absolute sexuelle Trieberfüllung INNERHALB der Ehen garantiert) um 50% zu amputieren. Bei uns machte das die katholische Kirche – vor allem mit der Angst vor ewiger Höllenfolter nach dem Tode.