Sie geben nicht auf. Nach dem sie den Konsum von Alkohol in der Öffentlichkeit durch die Kommunen verbieten lassen, holen SPD, Freie Wähler und Grüne gleich zum nächsten Schlag aus. Ein Alkoholverkaufsverbot muss her! Dringend! Die SPD und die Freien Wähler kämpfen schon seit dem Jahr 2010 dafür, das geltende Ladenschlussgesetz zu zementieren und mit einem deutlichen Alkoholverkaufsverbot zu garnieren. (Gesetzesantrag der SPD, mitgetragen der FW von 2010). Mittlerweile scheinen die Grünen mit einzuschwenken. Sie versuchen zumindest den Druck auf die Regierung mit einem Antrag auf Einhaltung der Gesetzeslage zu erhöhen.
Nun könnten wir in Bayern Glück haben und die CSU liberalisiert das Ladenschlussgesetz, damit die FDP die Abschaffung der Studienbeiträgegebühren mitträgt. Nur eigentlich will die CSU nicht wirklich längere Öffnungszeiten. Vor allem scheint auch die CSU einem nächtlichen Alkoholverkaufsverbot positiv gegenüber zu stehen und wollte sie an Tankstellen einführen. Die Argumente, die als Gründe angeführt werden, kennen wir schon vom Verkaufsverbot an Tankstellen: TINA, nur so kann man überhaupt den Alkoholmissbrauch bei Jugendlichen eindämmen!
Ich bezweifele ernsthaft, dass das stimmt. Tatsächlich zeigen die Statistiken zum Drogenmissbrauch bei Jugendlichen nach oben. Das gilt allerdings nicht nur für den Missbrauch von Alkohol sondern auch anderer Substanzen wie die sogenannten Räuchermischungen, die brandgefährlich sein können, oder wie Cannabis. Letzter ist allerdings eher schwer an bayerischen Tankstellen kaufbar. Die Argumentation ist in sich schon sehr weltfremd: Alkohol wird von den Jugendlichen nicht in Massen an Tankstellen gekauft. Er ist dort schlicht zu teuer für die knappen Geldbeutel junger Menschen. Das wird auch jeder bestätigen können, der mal vergessen hat, den Rum für eine Party noch vor 20 Uhr einzukaufen.
Übrigens ist der Preis laut einer Studie aus Amerika das effektivste Mittel um den Alkoholkonsum zu mindern. Das wird allerdings nicht diskutiert, denn wir haben Wahlkampfzeit und jeder, der sich da am Bierpreis in Bayern vergehen will, kann sich auf ein schlechtes Wahlergebnis einstellen.
Das Alkoholverkaufsverbot wird allerdings vor allem vergessliche Erwachsene gängeln, während das Drogenproblem bei den Jugendlichen weiter eskaliert. Sinniger wäre es, an die Ursachen dieser Probleme heranzugehen. Man sollte sich die Frage stellen, warum immer mehr junge Menschen es so unglaublich attraktiv finden, sich in massive Rauschzustände zu flüchten. Könnte es vielleicht an der Umgebung liegen, die wir ihnen bieten?
Könnte bei all der Turbo-Bildung mit G8 und Bachelor, bei all dem erhöhten Druck und Zwang, der ganzen gestohlenen Zeit zur Entwicklung neben der Schule nicht sein, dass die Jugendlichen eben ihre Freizeiterfahrungen auch im Turbo-Gang machen (müssen). Dass sie in dem bisschen Zeit, dass ihnen für Freizeit bleibt alles stopfen, was geht? Das auch sie ein Recht auf Erholung haben und Stressabbau brauchen und dabei natürlich wegen der fehlenden Erfahrung zu schnell über Grenzen rasen, weil sie gar nicht die Zeit haben, sich an diese langsam heranzutasten?
Scheinbar sehen die Fraktionen im Parlament das alles mehrheitlich anders. Das wundert mich auch nicht, haben sie doch dieses Drucksystem mit erschaffen. Bildung bedeutet für sie Berufsausbildung, denn genau dann stimmt die Rendite des „Humankapital Kind“ vermeintlich am meisten.
Und wenn es einem Mensch an allen Gelegenheiten zur Persönlichkeitsbildung fehlt ist es nicht verwunderlich, wenn es ihm an der Wehrhaftigkeit gegen allerlei Versuche zur Flucht aus dieser Realität fehlt. Wer den Drogenmissbrauch eindämmen will, der wird dies nur über Bildung der Jugendlichen – und dazu gehört auch Persönlichkeitsbildung – erreichen.
Ein nächtliches Alkoholverkaufsverbot ist gegen den Alkoholmissbrauch bei Jugendlichen genauso wirksam wie das Streuen von Salz auf einem gefrorenen See wegen Rutschgefahr. Sicher, irgendwann ist der See aufgetaut, aber das Wasser ist dann so versalzen, dass in ihm auch nichts mehr leben wird.
Hinweis: Dieser Kommentar wurde von Benjamin Stöcker geschrieben und stellt nicht notwendigerweise die Meinung des ganzen Landesverbandes dar. Alle Mitglieder können Kommentare über das entsprechende Formular bei der SG Digitale Medien einreichen.
lass mich in meine Kristallkugel schauen … und selbst wenn man es schaffen sollte, den Verkauf an Jugendliche komplott zu stoppen, dann wird man wieder vermehrt sehen, wie Ältere in Massen einkaufen und vor dem Laden verteilen (wie schon bei der 16/18-Schranke in Läden) … oder aber es werden wieder vermehrt Jugendliche mit Methanol-Vergiftung aus Schwarzbränden (das berühmte „Pennerglück“ – einmal dran gerochen und man ist blind) eingeliefert.
eigentlich erstaunlich … wie die Sonnenflecken verläuft „altgediente Politik“ in Zyklen
Eigentlich erstaunlich, dass darüber tatsächlich noch diskutiert werden muss.
Als ich aus meinem Urlaub wieder kam und plötzlich das Verbot so massiv umgesetzt wurde, war ich ziemlich entsetzt, dass so etwas tatsächlich angenommen wird, wo man doch wissen sollte, dass dies nur ein Rundumschlag ist und hauptsächlich dann doch die trifft, die es nicht betrifft.
Wenn ich als Jugendlicher ein Interesse daran haben sollte mich mit Alkohol „ins Koma“ zu saufen, dann besorge ich mir den Alkohol vorher, hole ihn aus dem Schnapsschrank meiner Eltern, o.ä. .
und was diese „als Fußgänger darfste nicht, aber als Autofahrer dann wieder schon irgendwie“ Sache soll, erschließt sich mir auch nicht wirklich.
PS.: Zweiter Absatz -> Tankstellen eingeführen -> Tankstellen einführen 🙂
Und mal wieder sollte man sich ein Beispiel an Skandinavien nehmen. Da kostet z.B. in Schweden die 0,5er Dose Starkbier (2,8% vol.) knapp 1,50 EUR. Spirituosen liegen da weit ueber 40 EUR pro Flasche.
Komasaufen kann das allerdings auch nicht verhindern, sondern nur den Konsum einschraenken. Es ist daran aufzuklaeren. Nur durch Aufklaerung und nicht durch Prohibition laesst sich dieses Problem loesen.
Durch die Preiserhoehung waeren auch die Hartz IV’ler nicht mehr dauerbreit