Bayern Kommentar

Die Rendite muss stimmen, oder so.

Foto eines Schildes auf dem steht: Hier betreutes Trinken

Bildung in Bayern?
cvknetCC-BY-NC-SA

Heute gab es eine aktuelle Stunde zur Bildungspolitik in Bayern im Landtag. Und ich muss sagen, dass diese kleine, kurze Diskussion sehr erhellend war.

Die Aktuelle Stunde begann Frau Will von der FDP. Natürlich gab es viel Beweihräucherung – unsere Grundschulen sind top! Neben dem üblichen Politikgeplänkel fiel aber ein Satz, ein Schlüsselsatz, der, wie ich finde, sehr erhellend für mich war: „Das Geld, das in Bildung fließt, bringt eine mehrfache Rendite“.

Die Bildungspolitik der FDP ist also Rendite getrieben. Nur was einen wirtschaftlichen Mehrwert bietet, wird auch umgesetzt. Menschenrecht auf Bildung, beziehungsweise Bürgerrecht auf Bildung wie die FDP im Wahlkampf plakatierte, ist anscheinend kein maßgeblicher Faktor für Entscheidungen im Bildungssektor. Die Rendite macht’s.

Die CSU feiert sich anschließend sogar noch ein Stückchen mehr als die FDP, weil die Studie der Bertelsmann Stiftung ja eindeutig zeigt, dass Bayern die leistungsfähigsten Grundschüler habe. Kein kurzes Innehalten, dass die Bertelsmann Stiftung ein Think-Tank ist, deren wissenschaftliche Beurteilung von Bildung politisch extrem geprägt sein dürfte. Traue keiner Studie, die du nicht selbst gefälscht hast.

Dabei ist unsere Bildungspolitik falsch justiert. Und damit meine ich nicht das politische „Klein Klein“, ob man jetzt vier oder sechs Jahre lang in die Grundschule geht, zwölf oder dreizehn Jahre braucht bis zu einem Abschluss, der einem das Studieren erlaubt.

Vergessen wird dabei die alles bewegende Frage: Wie wollen wir Menschen in die Gesellschaft schicken? Ist es wirklich nur von Relevanz, wie gut sie Mathematik und Deutsch können? Ist das Ableiten und Integrieren eine wesentliche Fähigkeit, die man für sein Leben braucht? Ja, natürlich braucht man dieses Wissen, zur Berufs-Ausbildung. Ja, natürlich ist es wichtig, dass wir auch in Zukunft Menschen dazu befähigen, die intelligentesten Maschinen, die sparsamsten Motoren und die leichtesten Karossen zu bauen.

Aber Bildung ist mehr als Lesen, Schreiben, Rechnen. Bildung ist auch Persönlichkeitsbildung. Bildung ist die Fähigkeit, sich in allen Bereichen des Lebens zurecht zu finden, nicht nur im Berufsleben. Dass es hier an bayerischen Schulen hapert, ist offenkundig und kann derzeit in allen Hochschulstädten erlebt werden.

Die Statistiken, die über die Auswirkungen der Alkoholexzesse der Studenten erfasst werden, zum Beispiel durch die Polizei, weisen nach oben. Anscheinend nutzt die „junge Elite“ vermehrt die Gelegenheit der ersten Freiheit, die Lebenserfahrung nachzuholen, die ihr vorher im „Turboabi“ verwehrt wurde. Anscheinend wird den jungen Menschen in diesem Freistaat nicht mehr die Gelegenheit gegeben, eine Persönlichkeit zu entwickeln, die gegen den Missbrauch von Drogen gefeit ist.
Die Reaktion der Politik auf Jugendliche und junge Erwachsene, die sich mit der Droge Nummer eins in Deutschland in eine Nebenwelt flüchten, ist dann eben das Verbot. Verbote von Partys. Verbote von Alkoholverkauf ab 22 Uhr an Tankstellen. Es wurde die Verlängerung der Sperrstunden diskutiert und genau in den Unistädten, in denen sich die jungen Erwachsenen zum Stressabbau immer heftiger daneben benehmen, scheint es der einzig gangbare Weg zu sein, der Situation überhaupt Herr zu werden.

Vielleicht wäre es von Vorteil, wenn wir nicht auf die Studien von Bertelsmann vertrauen würden, die sich eben nur mit dem Berufsausbildungsteil unserer Bildungssysteme beschäftigen und auch nur die Leistungen dort belohnen, sondern Schule auch wieder zu einem Ort werden lassen, in dem junge Menschen die Möglichkeit haben, ihre Persönlichkeit zu bilden. Vielleicht wäre es gut, Schülern neben der Schule die Gelegenheit zu geben, schnöde alte und ach so langweilige „Lebenserfahrung“ zu sammeln.

Das kann aber nur funktionieren, wenn wir bei unserer Bildungspolitik auf den Menschen schauen, statt auf die Bertelsmann Stiftungen dieser Welt. Es kann nur funktionieren, wenn wir unsere Bildungspolitik auf den Menschen ausrichten und nicht nur auf die Rendite schielen.

Hinweis: Dieser Kommentar wurde von Benjamin Stöcker geschrieben und stellt nicht notwendigerweise die Meinung des ganzen Landesverbandes dar. Alle Mitglieder können Kommentare über das entsprechende Formular bei der SG Digitale Medien einreichen.

6 Kommentare zu “Die Rendite muss stimmen, oder so.

  1. sehr erhellend für mich war: “Das Geld, das in Bildung fließt, bringt eine mehrfache Rendite”.

    Die Bildungspolitik der FDP ist also Rendite getrieben.

    Jou, da MUSS man einhaken!

    Allerdings ist es „problematisch“ die Gegner derart beim Wort zu nehmen, denn mit „Rendite“ ist hier mal NICHT der Überschuss gemeint, der sich ergeben kann, wenn man viel Geld in die Hand nimmt, um noch mehr Geld zu „erwirtschaften“.

    Vielmehr sind die Protagonisten der FDP nicht mehr in der Lage, zwischen sinnvoller, „lohnender“ und/oder ggfls. notwendiger Ausgabe einerseits und der auf Rendite zielenden Investitiongedanklich wie sprachlich zu differenzieren.

    Nach einem Vierteljahrhundert Neoliberalismus kann es offenbar nur noch „Investition“ und demzufolge „Rendite“ geben (ggfls. auch eine negative), wo früher Sinn, Bedarf/Bedürfniss, Notwendigkeit(en) und ab und an schlicht „eine gute Sache“ zur Diskussion standen.

    Wie wär’s mal mit nem Positionspapier „Neoliberalismus und die Piraten“ ?
    (odda gippsat schonn?)

  2. ähem,

    1. statt „Vierteljahrhundert“: 35 Jahre Neoliberalismus.

    2. Die Formatierungsmöglichkeiten im Kommentarbereich sind GNADENLOS
    schlecht: Nicht nur, daß sie keinerlei W3C-STANDARDS entsprechen, auch ihr PROPRIETÄRES Gemurkel wird OFT NICHT umgesetzt, z. B. beendet ein lf/cr ((Doppel-)Leeerzeile per Tastatur bzw. auch der „Absatz“) die Wirkung eines „i-Tags“, einfache Leerzeichen vor Tags verschwinden usw.

  3. ähem 2.:

    sry, nicht das i-Tag, sondern das cite-Tag überlebt lf/cr nicht, sofern in p-Tag (= in „Absatz“ gewandelt, nach 2 Mal enter-key; 1 Mal enter-key => wirkungslos (?), (da) -Tag scheinbar HIER unbekannt) eingeschlossen.
    Und diese p-tags entstehen STÄNDIG durch die Enter-Taste.

    Probe auf shift-enterkey vorgängig, -erzeugt?

  4. Ok, s gibts, aber 2 mit shift-enter erzeugte brs werden zu einem p-tag,
    nach dessen Ende alle Formatierungen verfallen sind …

  5. ansgarhone

    Ahoi Benjamin,
    ich habe die Bildungsdebatte nicht gehört. Kam das Wort Kind oder Jugendlicher darin eigentlich vor? Ich entnehme dem Grundtenor nur, was ich schärfer formulieren würde: Produkt des Bildungssystems ist der Mensch als Halbfertigware für die renditeorientierte Wirtschaft. Und wenn jemand das System ohne Abschluss verläßt, dann ist das Individuum selber schuld. Ein besseres Argument für das Bedingunglose Grundeinkommen gibt es nicht.
    Wir sollten weiter (individuelle) Lernziele statt (staatliche) Lehrpläne vertreten und uns ( in der Gachgruppe Bildung) auch mit dem „Schnittstellenproblem“ zum Arbeitswelt beschäftigen.
    Bis bald
    Ansgar

  6. PiraToe

    „Im Anschluss an diese Darstellung riskanter Maßnahmen lassen sich nun viele Maß-nahmen empfehlen, die keinerlei politische Schwierigkeit bereiten.
    Um das Haushaltsdefizit zu reduzieren, sind sehr substanzielle Einschnitte im Bereich der öffentlichen Investitionen oder die Kürzung der Mittel für laufende Kosten ohne jedes politische Risiko. Wenn Mittel für laufende Kosten gekürzt werden, dann sollte die Quantität der Dienstleistung nicht reduziert werden, auch wenn die Qualität darunter leidet. Beispielsweise lassen sich Haushaltsmittel für Schulen und Universitäten kürzen, aber es wäre gefährlich, die Zahl der Studierenden zu beschränken. Familien reagieren gewaltsam, wenn ihren Kindern der Zugang verweigert wird, aber nicht auf eine allmäh-liche Absenkung der Qualität der dargebotenen Bildung, und so kann die Schule immer mehr dazu übergehen, für bestimmte Zwecke von den Familien Eigenbeiträge zu ver-langen, oder bestimmte Tätigkeiten ganz einstellen. Dabei sollte nur nach und nach so vorgegangen werden, z.B. in einer Schule, aber nicht in der benachbarten Einrichtung, um jede allgemeine Unzufriedenheit der Bevölkerung zu vermeiden“
    „Policy Brief No.13, OECD 1996“ zu „Stabilisierenden Maßnahmen mit geringem Risiko“

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