Kommentar

Sternstunden der Demokratie – Heute: das Meldegesetz

Am Donnerstag der vorletzten Woche, dem 28.06.2012, während Deutschland und Italien sich bei der Fußball-EM gegenüberstanden, schubste die Regierung ein Meldegesetz durch den größtenteils leeren Bundestag, das einen Passus beinhaltet, der den Meldeämtern erlaubt, über das heutige Maß hinaus die Daten der Bürger zu verkaufen – auch ohne ihr Einverständnis. Laut Presseberichten sind diese Verschärfungen im Innenausschuss «auf ausdrücklichen Wunsch der CSU zustande gekommen».
“Innerhalb von 57 Sekunden ein solches Gesetz durch den Bundestag zu bringen ist schon ein starkes Stück”, sagt Aleks Lessmann, Politischer Geschäftsführer der Piratenpartei Bayern. “Dass dabei am Tag vorher Herr Uhl (CSU) im Innenausschuss das Gesetz überarbeitete, ist … interessant. Dass Frau Aigner wiederum so tut, als ob sie von nichts wüsste, passt zu den Erfahrungen, die wir Deutsche mit ihr bislang machen durften.”
“Die FDP behauptet, dass der Entwurf zur Änderung des Meldegesetzes die Rechte der Bürger stärkt”, wundert sich Stefan Körner, Vorsitzender der Piratenpartei in Bayern. “Wie sie dazu kommen, angesichts der Blanko-Erlaubnis an die Meldebehörden die Daten der Bürger zu verkaufen, dürfen sie gerne öffentlich klar stellen. Für uns Piraten sieht es eher so aus, als ob hier die Interessen mächtiger Verbände gewichtiger waren als die Rechte der Bürger.”
“Wir können angesichts der Akteure dieser Posse nicht erwarten, dass die CSU (der Frau Aigner, Herr Friedrich und Herr Uhl ja angehören) Einsicht zeigt – doch hoffentlich erinnert sich die ehemalige Bürgerrechtspartei FDP an ihre glorreichen Zeiten und sieht zu, dass sich Bayern im Bundesrat gegen das Gesetz stellt”, hofft Lessmann. “Aber vielleicht erwarten wir von der schwer angeschlagenen 3%-Partei zu viel.”
“Die Chancen stehen gut, dass das Gesetz nicht zum Tragen kommt. Die Laienspielschar in der Regierung hat sich heute von ihrem eigenen Gesetz distanziert. Anscheinend liest niemand mehr die Gesetzesvorhaben, bevor sie zum Abnickerverein Bundestag weitergeleitet werden. Spätestens das Bundesverfassungsgericht hätte das Gesetz einkassiert – wie so oft bei anderen Gesetzesvorhaben der letzten Zeit – da es eindeutig gegen die informationelle Selbstbestimmung verstößt”, stellt Körner abschließend fest.