Der geplante Einsatz des Bundestrojaners ruft nicht nur sämtliche Datenschützerverbände auf den Plan, auch die Piratenpartei Deutschland (PIRATEN) sieht sich zum Handeln veranlasst. Also drehten sie den Spieß einfach um: eine kleine Delegation des bayerischen Landsverbandes der PIRATEN stellte gestern Nachmittag eine ungewöhnliche Lieferung im bayerischen Staatsministerium zu: ein über 2 Meter großes „Trojanisches Pferd“ aus Pappkarton und Alufolie, verkleidet mit Computerplatinen und Telefonhörern. Was das soll erklärt Daniel Albert, erster Vorsitzender des Landesverbandes. „Das ist unsere Version eines „Bundestrojaners“ – nicht vom, sondern für den Staat.“, so der Nesselwanger. Denn der ist es nach Ansicht der Piraten, der überwacht werden muss, nicht der Bürger.
„Die Rechtslage zu diesem Thema ist mehr als umstritten. Um den Bundestrojaner überhaupt rechtlich unbedenklich einzusetzen, müsste das Gesetz gebeugt werden.“ So zum Beispiel die Regelungen zur Unverletzlichkeit der Wohnung oder zu unberechtigtem Eindringen in fremde Computersysteme. „So weit darf es nicht kommen!“
Die Empfänger zeigten jedoch wenig Verständnis für dieses außergewöhnliche „Geschenk“. Nach einigen Minuten des Wartens wurden die anwesenden PIRATEN zunächst gebeten, den Sicherheitsbereich vor dem Haupteingang mitsamt dem Trojaner zu verlassen. Man habe sich, so ein Beamter, „ordnungemäß anzumelden“. Dazu äußerte sich Klaus Müller, 27, aus München, stellvertretender Vorsitzender der PIRATEN Bayern: „Wir haben es bisher so verstanden, dass ja gerade das den Bundestrojaner ausmacht: er wird vorher nicht angekündigt, und man kann nie wissen, wann und wen es trifft.“ Der Bitte, den Eingangsbereich zu verlassen, leisteten die PIRATEN dann auch widerstandslos Folge. Doch weit kamen sie nicht: Nur wenige Minuten später fuhren mehrere Polizeiwagen vor, und kurz darauf waren am Ort des Geschehens bereits mehr Beamte als Parteimitglieder. Dennoch blieb alles ruhig. Lediglich einige Personalien wurden aufgenommen, und währenddessen verteilten die PIRATEN weiter ihre Flyer und unterhielten sich mit den interessierten Passanten, bis sie sich schließlich auf den Rückweg machten. Dokumentiert wurde die versuchte Übergabe von einem Kamerateam des Bayerischen Rundfunks und einem „Zündfunk“-Reporter.
Die PIRATEN sehen die Aktion als Erfolg. So auch Andreas Scheibleger aus Traunreut. Der 22-jährige ist ebenfalls Vorstandsmitglied im bayerischen Landesverband der Piratenpartei. „Wir wollten damit die Debatte über den Bundestrojaner und den staatlichen Überwachungswahn wieder aus der Versenkung holen und die Leute darauf aufmerksam machen. Und das ist uns gelungen. Außerdem hat das Ministerium mit seiner Reaktion genau das gezeigt, was wir denken: niemand will einen Bundestrojaner im Haus haben!“
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