Am 21.10.12 fand in Maxhütte-Haidhof nach der Aufstellungsversammlung für die Bundestagswahl der dritte Landesparteitag 2012 der bayerischen Piraten statt. Beschlossen wurde folgendes Positionspapier:
Die Piratenpartei fordert neben der Aufgabe sämtlicher Planungen zum zweiten Stammstreckentunnel einen 10-Minuten-Takt auf allen S-Bahn-Außenästen, der den dicht besiedelten suburbanen Raum Münchens der Nachfrage gerecht erschließen soll. Dieser 10-Minuten-Takt auf allen S-Bahn-Außenästen ist der Ausgangspunkt der Konzeptentwicklung der Piraten. Nach dieser Zielvorgabe wurde entsprechend folgendem Schema eine Lösung entwickelt:
Zuerst organisatorische Maßnahmen, dann elektronische Maßnahmen und falls diese immer noch nicht reichen, bauliche Maßnahmen.
Damit unterscheiden sich die Piraten maßgeblich von den Planern des zweiten Stammstreckentunnels, welche diesen als bauliches Projekt vorgegeben bekommen haben und dafür nun hinreichende „Begründungen“ suchen sollen.
Das Betriebskonzept „Mitfall 6T“, welches die Planer der Realisierung des zweiten Stammstreckentunnels zu Grunde legen, wird lediglich drei zusätzliche Züge pro Stunde durch die Innenstadt führen, und auf den S-Bahn-Außenästen anstelle des derzeit auf allen Ästen einheitlichen, festen 20- bzw. 10-Minuten-Taktes ein reines Takt-Wirrwarr ausbrechen lassen. Das kann keineswegs im Interesse des Fahrgastes sein, schon gar nicht, wenn es 2,237 MRD € plus x kosten wird; Gelder, die woanders zur Verbesserung des Schienenpersonennahverkehrs auf Jahrzehnte fehlen werden.
Ausgehend von einem 10-Minuten-Takt auf allen Außenstrecken fordert das BKS-Konzept, welches von den Piraten als Alternativkonzept mit einigen Ergänzungen beschlossen wurde, eine Ertüchtigung der bestehenden Stammstrecke zu einem 100-Sekunden-Takt mit 33 Fahrten je Stunde und Richtung sowie sechs S-Bahnen pro Stunde und Richtung über den Südring.
Doch mit der reinen Verteilung der S-Bahnen auf Stammstrecke und Südring ist das BKS-Konzept noch lange nicht fertig: Durch Direktumstiege, also eine Umsteigeverbindung, bei der Fahrgäste am gleichen Bahnsteig ohne Wartezeit die S-Bahnen auf sinnvollen Relationen wechseln können, entsteht ein deutlich höherer Nutzen für den Fahrgast: Er kann so je nach Ziel ohne Fahrzeitverlust von der Stammstrecke auf den Südring und umgekehrt wechseln.
Außerdem wird die sogenannte „Sendlinger Spange“ durch einen Direktumstieg am Heimeranplatz attraktiv im 10-Minuten-Takt befahren. Der Nutzen, der derzeit nur stündlich verkehrenden S20 wird somit intelligent in die vorgesehenen und deutlich häufiger verkehrenden, anderen S-Bahn-Linien integriert.
Am Südring soll die S-Bahn am Kolumbusplatz mit Umsteigemöglichkeit zur U1 und U2, am Südbahnhof mit Umsteigemöglichkeit zur U-Bahn-Haltestelle Poccistraße (U3/U6) und am Heimeranplatz (U4/U5) halten. Damit werden alle U-Bahn-Linien Münchens integriert. Ein weiterer Haltepunkt auf dem Südring, „Friedenheimer Brücke“, wird die verkehrliche Aufgabe der jetzigen Station „Hirschgarten“ übernehmen, da diese eine Fehlplanung ist: Sie hat nicht das nötige Passagieraufkommen, um die Verzögerung aller durch die Stammstrecke fahrenden S-Bahnen zu rechtfertigen. Auf dem schwächer ausgelasteten Südring sieht diese Gleichung jedoch anders aus, zumal hier auch der Umstieg in die Tram (Richtung Gondrellplatz und Pasinger Marienplatz) einfacher, da kürzer, ist.
Die Umsteigeverbindungen kann man auch in einer Animation des gefordetem Südringbetriebes (flash) sehen.
Die Umsetzung des BKS-Konzeptes ist deutlich schneller zu realisieren als der geplante Stammstreckentunnel: Es gibt heute noch immer kein Baurecht für den Tunnel. Die Röhren wurden mehrfach umgeplant. Jedes Mal stiegen die Kosten (von ursprünglich 500 Mio € auf nun offiziell 2,237 Mrd. €) und es entfielen bei jeder Umplanung Funktionen, wie etwa Zwischenstationen oder die Überleitung nach Giesing. Gerade jetzt erst liegen die angeblich endgültigen Planfeststellungsanträge aus. Ob noch einmal umgeplant werden muss, kann niemand abschätzen, da etliche gewichtige Klagen noch ausstehen. Selbst wenn alles Rechtliche geklärt ist, wird die Bauzeit mindestens 7 Jahre betragen – und auch nur dann, wenn nichts dazwischen kommt.
Würden sich heute die Stadt München und der Freistaat Bayern auf die Umsetzung des BKS-Konzept verständigen, wäre man voraussichtlich im Sommer 2018 fertig. Da der Südring im Bestand liegt, sind die wenigen nötigen Genehmigungen sehr schnell erhältlich, Klagerechte sind kaum nennenswert gegeben. Die Piraten unterstellen 2 Jahre Planungs- und Genehmigungszeit und ein bis eineinhalb Jahre Bauzeit, in denen man den Südring komplett stilllegt, jeweils mit Bauvorbereitungen und Nachbesserungen sowie Abnahmen von jeweils einem Jahr. Nicht unter dem rollenden Rad zu bauen erleichtert und beschleunigt die Bauarbeiten, was sich natürlich auch in den Kosten niederschlägt.
Anstelle der geplanten Express-S-Bahnen schlagen die Piraten vor, zusätzliche Züge des Regionalverkehrs im Großraum München ein- oder zweimal anhalten zu lassen: An der Grenze des 10-Minuten-Takts und gegebenenfalls an wichtigen U-Bahn-Stationen, wie zum Beispiel Trudering. Hier erschließt die U2 die Münchner Messe, ein wichtiges Zentrum der bayerischen und deutschen Wirtschaft.
Die von der Staatsregierung favorisierten Express-S-Bahnen hätten im Fahrplan massive und teilweise sogar kritische Auswirkungen auf den S-Bahn-Verkehr: Weil Express-S-Bahnen Stationen auslassen, gewinnen sie Zeit und holen die „normalen“ S-Bahnen ein. Express-S-Bahnen würden beim 10-Minutentakt der normalen S-Bahn bis in den Blockabstand „auffahren“ und so durch die normale S-Bahn behindert. Diesen Fahrplankonflikt „löst“ das mangelhafte Betriebskonzept „Mitfall 6T“ der Staatsregierung mit einem Takt-Wirrwarr auf etlichen Außenästen. Doch damit wird die S-Bahn München für ein „Seehofer-Ude-Freundschaftsdenkmal“ betrieblich auf einem Niveau weit hinter dem festbetoniert, was seit der Eröffnung des Münchner S-Bahnnetzes zu den Olympischen Spielen 1972 versprochen wurde: Ein attraktiver 10-Minuten-Takt auf allen Außenästen.
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