Nachdem bayernweit alle Schulen wegen dem Coronavirus einige Zeit geschlossen waren, kehrten vor wenigen Wochen die ersten Schülerinnen und Schüler wieder in ihre Schulen zurück, jedoch mit vielen Vorsichtsmaßnahmen. Auf Grund dieser ergriffenen Hygienemaßnahmen ist der Unterricht in Schulen aktuell anders als gewohnt. So auch in der Beruflichen Oberschule der Stadt Nürnberg.
Seit Ende April sind dort die Abschlussschüler auf ein bis zwei Klassenzimmer aufgeteilt und werden parallel vom gleichen Lehrer unterrichtet. Hierbei kommen digitale Tafeln und Dokumentenkameras mit eingebautem Mikrofon zum Einsatz, welche den Unterricht via Teams in das zweite Klassenzimmer übertragen sollen. Teams ist eine Software von Microsoft und baut eine Verbindung der beiden Klassenzimmer über externe Server auf.
„Wieso Teams zur Audio- und Videoübertragung in das nächste Klassenzimmer genutzt wird, ist mir schleierhaft, da hierdurch unnötig Verzögerungen in der Latenz und Verluste in der Qualität in Kauf genommen werden, welche sich durch direkte Übertragungen vermeiden ließe. Eine AV-Übertragung von PC zu PC im selben Netzwerk lässt sich ohne großen Aufwand schon mit VLC (VideoLanClient – OpenSource) einrichten“
moniert Stadtrat Florian Betz (PARTEI/Piraten), der Mitglied des Schulausschusses ist.
Aufgrund des Umweges über den externen Server muss pro Unterricht das Video einmal hoch und wieder heruntergeladen werden. Bei vielen Klassen summiert sich hier das Datenaufkommen und das unglückliche Resultat ist eine verpixelte Darstellung.
„Ein weiteres Problem ist die Tonqualität durch die Dokumentenkamera. Damit eine Lehrkraft auch gut hörbar ist, muss diese direkt vor der Dokumentenkamera sitzen. Bewegt sich die Lehrkraft im Raum oder trägt ein Schüler etwas zum Unterricht bei, ist dies meistens kaum zu verstehen. Gerade Unterrichtsbeiträge der Mitschüler oder Antworten auf deren Fragen sind essenziell für den Lernerfolg. Dort werden Problematiken aufgedeckt und gelöst, welche das eigene Verständnis erweitern könnten. Zwar wechselt die Lehrkraft auch während der Unterrichtsstunde das Klassenzimmer, um sich zu versichern, dass die ausgelagerten Schüler alles verstanden haben. Dabei geht jedoch wertvolle Unterrichtszeit verloren, da derselbe Stoff wiederholt werden muss, um sicher zu gehen, dass alle Schüler auf demselben Stand sind und etwaige Lücken aufgrund untergegangener Beiträge geschlossen sind.“
stellt der betroffene Schüler Marcel Ropos (Piratenpartei) ernüchternd fest.
Vermeiden ließe sich dies durch die Anschaffung tragbarer Mikrofone für die Lehrkräfte sowie eines zentralen (Raum-)Mikrofons pro Klassenzimmer für die ausgelagerten Schüler. Hierdurch wäre nicht nur das Partizipieren möglich, sondern auch Rückfragen könnten gestellt werden. Zentral platziert kann dieses von jedem gut genutzt werden. Durch die Bedienung des Mikrofons durch einen einzigen Schüler kann auch dort die gebotene Hygiene gewahrt werden. Insbesondere die Qualität des Unterrichts für die ausgelagerten Schüler würde dadurch enorm steigen, sowie der Zeitverlust minimiert werden. Hygienisch stellt es kein größeres Risiko dar als die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder die Übungen für die mündliche Abschlussprüfung, welche in Gruppen stattfinden.
„Die Digitalisierung wurde bei den meisten Schulen in Nürnberg schlichtweg verschlafen, dies rächt sich nun.“
stellt Florian Betz fest und versichert:
„Es ist mir ein großes Anliegen, dies schnellstmöglich zu ändern, weshalb ich mich insbesondere im Schulausschuss dafür sehr einsetzten werde.“
Seit diesem Jahr eingeführt und insbesondere seit der Schulschließung, ist das Mittel der Wahl für das Homeschooling, die Microsoft Software-Palette. Von Outlook über OneDrive bis hin zu OneNote und Teams wird alles an der Städtischen Berufsoberschule Nürnberg genutzt. Die einen Lehrkräfte schicken Dokumente über OneDrive, die anderen über OneNote, Arbeitsanweisungen kommen über Teams oder Mail. Ein einheitliches System ist nicht zu erkennen. Das Ganze sollte laut Einverständniserklärung zur Datenweitergabe für diese Produkte freiwillig sein, was es aber mittlerweile nicht mehr ist. Einige Schüler hatten Bedenken und wollten die Einverständniserklärung deshalb ablehnen. Ohne Corona wäre dies kein Problem. Nun aber ist die Nutzung der Microsoft-Produkte zwar immer noch „freiwillig“, weigert sich ein Schüler jedoch, ist dieser defacto vom Unterricht ausgeschlossen, da er weder Unterlagen noch Arbeitsanweisungen erhält. „Private Kommunikationsmittel seien uns von oben nicht gestattet“ wurde der Unmut beschwichtigt.
„Generell sehe ich den Einsatz von proprietärer Software kritisch, denn man kauft grundsätzlich eine Herstellerbindung mit. Es gibt auch sehr gute OpenSource Lösungen für den Lehreinsatz, die man alternativ hätte nutzen können. Diese reichen von Standard-Office-Paketen bis hin zu Sprach- und Videokonferenzlösungen wie Jitsi und spezialisierter Software für einzelne Fächer. Die dafür verantwortlichen Personen haben jedoch leider nur selten den nötigen Hintergrund, um nicht auf die wärmenden Worte und Versprechen des Marketings großer Konzerne hereinzufallen.“
kommentiert Florian Betz, Stadtrat der PARTEI/Piraten.
Bei aller Kritik darf der Schule jedoch kein Vorwurf gemacht werden. Corona traf alle unvorbereitet. Die Städtische Berufsoberschule Nürnberg holt aus ihren begrenzten Mitteln sowie den Auflagen das Bestmögliche heraus, um für die Schüler eine angemessene Lernatmosphäre zu schaffen. Auch die Lehrer geben in diesen schwierigen Zeiten stets ihr Bestes. Unsere Kritik und unsere Forderungen sollten dennoch ein Anstoß zum Nachdenken sein, um bei einer nächsten Krise besser gewappnet zu sein.
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