Kommentar

Copyright: Gib einem Mann einen Fisch

Originalfoto Moehre1992, Lizenz cc-by-sa 2.0

Der Künstler Nate Harrison hat in seiner Installation “Can I Get An Amen?” im Jahr 2004 anschaulich gezeigt, dass ein Grossteil der HipHop- und Elektrokultur auf ein einziges Drumsample zurückgeht. Nämlich von der B-Seite einer Single der Funkband “The Winstons” von 1969. Der Track heißt “Amen, Brother” und enthält ein Drumfill (ohne andere Instrumente), das von Djs und später von Sampling-Musikern tausende Male wiederverwendet wurde.

Wow, stellt euch doch nur mal vor, jemand hätte das Copyright an diesem Sampling-Loop und würde jedesmal Geld bekommen, wenn ein anderer ihn verwendet! Das wäre doch der Traum jedes Record Labels? Tatsächlich gehören die Rechte den Winstons, und sie haben bis zum heutigen Tag kein einziges mal gemeckert. Weil sie Musiker sind, mit einem künstlerischen Berufsethos: Sie haben Geld mit Plattenverkäufen und Live-Auftritten verdient, und das wars. Sie hatten nicht nur einen Fisch, sondern wussten auch, wie man angelt, und waren offenbar zufrieden mit diesem Leben.

Was wir heute allerdings erleben, sind ernsthafte Versuche, das Angeln zu patentieren, um anschließend an jedem einzelnen Fisch mitzuverdienen. Das versuchen nicht nur Musikkonzerne, Buchverlage und Pharmafirmen, sondern alle, die das Prinzip “Geistiges Eigentum ist das Öl des 21sten Jahrhunderts” anwenden wollen.

Was passiert aber, wenn dieses Prinzip wirklich durchgesetzt wird? Wenn alle Drumloops zu “geistigem Eigentum” werden, dessen Vertriebs- und Veröffentlichungsrecht von einer Firma an die nächste verkauft wird und schließlich in den Katalogen der wenigen grossen Medienkonzerne landet? Und nicht nur die Drumloops, sondern auch die Beats selber, ebenso wie die Riffs und Hooklines?

Dann müsste jeder Musiker vor einer Veröffentlichung oder Aufführung eines eigenen Songs prüfen lassen, ob er damit irgendwelche Rechte verletzt. Und gegebenenfalls vorher Lizenzen bezahlen. Was er natürlich nicht kann, so dass er nur veröffentlichen oder aufführen kann, wenn er zuvor einen Vertrag mit einem Verlag abschliesst. Und damit seine Verwertungsrechte abtritt.

Genau das ist übrigens die Sichtweise der Verlage, und der Rechteverwertungsgesellschaften (wie der GEMA). Aber halt! Das wäre doch aber ein Ende der freien Kreativität? Also genau das, was uns nach energischen Versicherungen der Medienkonzerne droht, wenn wir diese “Patentierbarkeit von Musik” (a.k.a. Copyright) einschränken?

So läuft es eigentlich zur Zeit: Kein Mensch kann alle Samples, Beats und Grooves nachprüfen, selbst wenn damit streng genommen irgendwelche Verwertungsrechte verknüpft sind. Also engt sich der kreative Freiraum auch nicht ein. Puh! So ein Glück! Aber der kreative Freiraum dehnt sich weit über die Grenzen der Gesetze aus, da sollten wir uns nichts vormachen: Wenn die “Geistige-Eigentums-Industrie” ihre Pläne (wie ACTA) verwirklicht, wird so gut wie alles kreative Schaffen illegal.

Und nur, damit noch ein paar skrupellose Schreibtischtäter die Geldspeicher weiter füllen können. Nicht etwa, um sich grössere Villen kaufen zu können, sondern weitere Firmen, oder die Rechte anderer Leute.

Also: Ich bin gegen Copyright auf Fische, oder Patente auf Angeln. Beides ist Diebstahl, und hat mit den Rechten der Künstler nichts zu tun. Die sollen weiter bezahlt werden, sobald sie aus dem Amateur-Niveau rauskommen, und gerne auch so üppig, dass sie davon Leute bezahlen können, die den geschäftlichen Kleinkram erledigen.

Richtig, ich habe gesagt: Copyright ist Diebstahl. Und Patente sind Piraterie.

[Dieser Text ist von mir am 24.1.10 auf 11k2.de veröffentlicht worden]

Symbolbild: Moehre1992by-sa

Hinweis: Dieser Kommentar wurde von Fritz Effenberger geschrieben und stellt nicht notwendigerweise die Meinung des ganzen Landesverbandes dar. Alle Mitglieder können Kommentare über das entsprechende Formular bei der SG Digitale Medien einreichen.

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