Die Piratenpartei Deutschland sieht Demokratie als die bestmögliche Herrschaftsform, da nur eine echte Demokratie ein faires und gerechtes Miteinander sowie den Ausgleich der Interessen Einzelner innerhalb des Staates ermöglicht.
Diese Worte stehen im Programm der Piratenpartei. Sie stehen für ein klares Bekenntnis zu fairem Miteinander. Zu Beteiligung an allen Entscheidungen, die uns alle betreffen. Nur echte Demokratie ermöglicht den Ausgleich zwischen den Interessen und Bedürfnissen aller Menschen. Unsere Demokratie ist jedoch heute noch genauso organisiert wie vor hundert Jahren. Damals war es schlicht undenkbar, dass Menschen jederzeit und in Sekundenschnelle mit anderen Menschen auf der ganzen Welt Kontakt aufnehmen können. Oder dass das Wissen der Welt jedem offen steht.
Freie Information für alle
Die Digitalisierung und das Internet haben unsere Gesellschaft revolutioniert. Unsere Welt ändert sich im Eiltempo: Warum sollte sich dadurch nicht auch die Art und Weise ändern, wie wir Demokratie leben?
Nie zuvor hatten wir so viele Möglichkeiten, unsere Demokratie offen, transparent und barrierefrei zu gestalten. Während Informationen früher nur auf Papier in Akten vorlagen und das Kopieren und Verbreiten dieser Informationen aufwendig und teuer war, kann heutzutage eine digitale Akte praktisch kostenfrei kopiert und jedem Menschen jederzeit zugänglich gemacht werden. Und solange die Akten keine personenbezogenen Daten enthalten, spricht auch nichts dagegen, sie zu veröffentlichen. Aber alles dafür.
Nur wenn jeder Einwohner die Möglichkeit hat, selbst Verträge der öffentlichen Hand oder Studien zu Gesetzesvorhaben und Bauprojekten zu lesen und zu verstehen, kann er sich selbst eine Meinung bilden und eine informierte Entscheidung treffen. Suchmaschinen und passende Informations-Verwaltungssysteme ermöglichen es, auch große Datenmengen zu durchsuchen, zu katalogisieren und begreifbar zu machen. Nur freie Information nützt unserer Demokratie.
Klingt utopisch? Keineswegs! In Ländern wie den USA oder Schweden ist die Informationsfreiheit gang und gäbe. Selbst Hamburg hat ein Transparenzgesetz beschlossen. Das zeigt ganz deutlich, dass es nur Mut und politischen Willen braucht, um unsere Demokratie mit zeitgemäßen Mitteln zu organisieren und zu gestalten.
Transparenz statt Filz
Nicht nur die Verwaltung braucht dringend eine Modernisierung. Auch unser Parlament steckt mit seinen Gepflogenheiten und seiner Organisationsstruktur im letzten Jahrhundert fest. Insbesondere hier ist Transparenz und Veröffentlichung von Informationen nötig, werden doch im Parlament die Regeln für unsere Gesellschaft in Gesetzesform gegossen und über die Verwendung der Steuergelder entschieden.
Transparenz fängt bei den Abgeordneten an. Interessenskonflikte, denen jeder Abgeordnete unterliegt, müssen offengelegt werden. Nicht weil sie dadurch verhindert würden – solch eine Forderung wäre weltfremd – sondern damit der Wähler sehen kann, wie der einzelne Abgeordnete bei seinen Entscheidungen abgewogen hat.
Deshalb gehören nicht nur die Nebenverdienste von Abgeordneten veröffentlicht – und zwar ab dem ersten Euro – sondern auch die Beziehung der Abgeordneten zu ihren Angestellten. Denn nicht nur eine Blutsverwandschaft kann ein Grund für eine unangemessene Anstellung sein. Darüber hinaus sollten Parlamentarier ihre Mitgliedschaft in Vereinen offenlegen.
Transparenz endet aber nicht beim einzelnen Abgeordneten, sondern muss auch in die Fraktionen und Ausschüsse einziehen. Denn viele Entscheidungen werden zwar im Plenum „abgenickt“, aber zuvor hinter verschlossenen Türen ausgehandelt. Leider werden im bayerischen Landtag solche Debatten so gut wie gar nicht dokumentiert. Mehr als ein Abstimmungsergebnis wird nicht protokolliert. Damit ist nicht nachvollziehbar, wer die Politik im Freistaat wie beeinflusst.
Digitales Parlament
Solch eine Kultur der Offenheit könnte durch eine zentrale Parlamentssoftware technisch unterstützt werden. Dieses „digitale Parlament“ würde den Weg jedes Antrags durch den Gesetzgebungsprozess protokollieren. Der aktuelle Status kann jederzeit aufgefunden, jede Expertenanhörung kann nachvollzogen, Wortprotokolle und Aufzeichnungen in Plenum und Ausschusssitzungen können dokumentiert werden. Letztlich kann damit das Abstimmungsverhalten jedes einzelnen Abgeordneten festgehalten werden. Schlagworte und Verweise würden Verknüpfungen zwischen verschiedenen Anträgen ermöglichen. So wäre es für jeden Menschen möglich, die politische Entscheidungsfindung in Bayern im Detail nachzuvollziehen, und die Kontrolle der Abgeordneten durch die Einwohner wäre gegeben.
Eine solche Software würde auch mehr Bürgerbeteiligung erlauben: Man könnte das System so gestalten, dass Einwohner einzelne Anträge kommentieren und bewerten können und so den Parlamentarien wichtiges Feedback für ihre Arbeit geben. Darüber hinaus wäre ein neues Petitionssystem möglich. Wenn ein Antrag genügend Unterstützer in der Bevölkerung findet, könnte er direkt in den parlamentarischen Betrieb eingebracht werden. Volksbegehren wären so wesentlich leichter möglich. Damit würde unsere Demokratie endlich im 21. Jahrhundert ankommen.
Dieser Beitrag wurde von Christina Grandrath für den Kaperbrief Bayern verfasst. Symbolbild von Zeitfixierer unter der CC-BY-SA
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