Unabhängige Staatsanwaltschaften
Staatsanwaltschaften unterliegen in Bayern der Weisungsbefugnis des Justizministeriums und damit letztlich der Regierung. Gleichzeitig sind sie Ermittlungsbehörde in Strafverfahren und entscheiden faktisch über die Durchführung eines solchen Verfahrens, da nur eine Staatsanwaltschaft die dazu notwendige Anklage vor Gericht erheben kann.
Diese Weisungsbefugnis der Regierung gegenüber den Staatsanwaltschaften wollen wir abschaffen, so dass diese unabhängig agieren können. Insbesondere ist es unser Ziel, die Einflussnahme auf einzelne Verfahren und deren staatsanwaltschaftliche Behandlung zu unterbinden. Die allgemeine organisatorische Weisungsbefugnis – etwa für die längerfristige Zuteilung der Beamten zu Zuständigkeitsbereichen – kann erhalten bleiben. Die Bedingung dafür ist aber die eindeutige Notwendigkeit der organisatorischen Maßnahme.
Versammlungsgesetz reformieren
Die letzte Reform im Jahr 2008 hat das Versammlungsrecht stark eingeschränkt. Die Gesetzesänderungen aus dem Jahr 2010 aufgrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts haben einige Verbesserungen gebracht, aber nach wie vor ist die Versammlungsfreiheit in Bayern mit vielen bürokratischen Hürden belastet, und Versammlungsteilnehmer werden durch Überwachungsmaßnahmen eingeschüchtert.
Wir wollen ein Versammlungsgesetz, das es jedem ermöglicht, sich friedlich mit anderen Menschen zu versammeln und seine Meinung zu äußern. Daher wollen wir das bestehende Versammlungsrecht ändern:
- Die Versammlungsleitung ist Sache der Veranstalter: Die zuständige Behörde darf Versammlungsleiter oder Ordner nicht ablehnen.
- Pauschale Demonstrationsverbote abschaffen: Demonstrationsverbote vor Regierungsgebäuden oder gar in ganzen Stadtvierteln mit Regierungssitz sind nicht mit der Versammlungsfreiheit in Einklang zu bringen, insbesondere da es typischerweise Entscheidungen der Regierung sind, gegen die demonstriert wird.
- Veranstalter sind nicht für jeden Teilnehmer persönlich verantwortlich: Jeder Teilnehmer der Versammlung muss für sein Verhalten selbst geradestehen; es kann nicht sein, dass hier der Veranstalter zur Verantwortung gezogen wird.
- Keine Videoaufnahmen durch die Polizei: Wenn bei einer Versammlung Straftaten geschehen, kann und soll die Polizei direkt eingreifen. Insbesondere präventive Aufnahmen lehnen wir ab.
Kontrollbehörde für den Verfassungsschutz
Die parlamentarische Kontrolle des Verfassungsschutzes krankt daran, dass die Abgeordneten einerseits kaum Unterstützung erhalten können, da sie weitgehenden Geheimhaltungspflichten unterliegen. Andererseits erhalten sie Informationen vor allem vom Verfassungsschutz, eben jener Behörde, die sie kontrollieren sollen. Um diesem Problem abzuhelfen, drängen wir auf eine Kontrollbehörde für das Landesamt für Verfassungsschutz. Diese Behörde ist allein dem entsprechenden parlamentarischen Kontrollgremium zu unterstellen.
Polizeiarbeit bürgernah gestalten
Identifikation von Polizeikräften
Wir werden dafür sorgen, dass jeder uniformierte Polizeibeamte im Dienst stets eine ihm zuzuordnende Kennzeichnung an der Uniform trägt. Dieses Identifikationsmerkmal kennzeichnet den Beamten eindeutig und ist für jeden Einsatz neu zu vergeben, darf aber keine direkten Rückschlüsse auf den Namen des Polizisten zulassen. Ausnahmen von der Kennzeichnungspflicht kann es nur in begründeten Sonderfällen geben.
Die Zuordnung der vergebenen Identifikationsmerkmale zur Person müssen über einen angemessenen Zeitraum aufbewahrt werden. Bei einem konkreten Verdacht kann ein Gericht die Herausgabe der entsprechenden Informationen anordnen.
Eine solche Kennzeichnung schützt die Persönlichkeitsrechte der Beamten angemessen und ermöglicht die Ermittlung von rechtswidrigen Übergriffen durch Polizisten. Es ist davon auszugehen, dass durch die erleichterte Ermittlungsmöglichkeit einige Übergriffe sogar verhindert werden.
Polizeiliche Übergriffe verhindern
Wir erkennen ein zunehmendes Problem in Übergriffen von Polizeibeamten in Bayern. Wir werden für eine bürgernahe und grundrechtsbetonte Ausbildung und Fortbildung der Polizei eintreten. Straftaten im Dienst müssen konsequent verfolgt werden. Um Interessenskonflikten vorzubeugen, müssen solche Ermittlungen durch eine neu zu schaffende unabhängige Ermittlungsbehörde erfolgen.
Damit wird verhindert, dass bei mutmaßlichen Gesetzesverstößen durch Polizisten deren Polizistenkollegen ermitteln. Falsch verstandene Solidarität kann dann zur Vertuschung von Straftaten führen. Unser Ziel ist es, durch diese unabhängige Kontrollinstanz das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei wieder zu stärken.
Einrichtung von Internetwachen
Wir werden im Landtag für die Errichtung einer Internetwache eintreten. Bei dieser Internetwache können Bürger Anzeigenerstattung, das Anmelden von Veranstaltungen (momentan noch Aufgabe des Ordnungsamtes) oder das Melden von Verlusten oder Schäden online erledigen.
Dieser Dienst ermöglicht bereits heute in elf Bundesländern eine zeitgemäße Kommunikation mit der Polizei und ist besonders den Menschen dienlich, denen es schwer fällt, die örtlichen Wachen aufzusuchen. Sachverhalte, die in besonderem öffentlichen Interesse stehen, sollen nicht von der Internetwache aufgenommen werden.
Symbolfoto: AG Freiburg – CC-BY-NC-SA