Bayern

Das neue Polizeiaufgabengesetz – Eine „drohende Gefahr“

Die CSU gibt Gas. Im Eiltempo werden derzeit die Änderungen am Polizeiaufgabengesetz (PAG) vorangetrieben. Die Befugnisse der Polizei sollen gestärkt werden und dafür müssen Bürgerrechte weichen. Der Strafrechtsexperte Hartmut Wächtler bezeichnet die geplante Neufassung vor dem Innenausschuss als härtestes Polizeigesetz in Deutschland seit 1945.
Geht es nach der Landtagsfraktion der CSU, soll das geänderte Polizeiaufgabengesetz bereits im Sommer – und somit noch vor der Landtagswahl im Oktober – in Kraft treten. Für Expertenmeinungen bleibt da kaum Zeit, lediglich zweieinhalb Stunden vor dem Ausschuss mussten genügen. Bedenklich, wenn man sich vor Augen hält, um welche weitreichenden Änderungen für die Rechte und Freiheit aller Bürgerinnen und Bürger es dabei geht.
Mit den Neuerungen wird der Begriff „drohende Gefahr“ eingeführt. Darunter ist zu verstehen, dass ein Ermittler glaubt, dass jemand eine Straftat begehen könnte. Und genau darauf beziehen sich die meisten Änderungen des Gesetzes.

Handgranaten, V-Leute und Videoüberwachung

Dass Polizisten künftig mit Explosionsmitteln wie Handgranaten ausgestattet werden sollen, ist nur eine der vielen Änderungen des rund 100 Seiten langen Gesetzentwurfes.
Sie dürfen künftig auch unter einer falschen Identität als sogenannte V-Leute an öffentlichen Treffen von Vereinen oder politischen Parteien teilnehmen oder auch in Privathaushalten auftreten. Außerdem dürfen sie sich damit im Internet bewegen und zum Beispiel in sozialen Medien auch aktiv eingreifen. Nur wenn sich die Ermittlungen gegen eine einzelne konkrete Person richten, ist ein richterlicher Beschluss dafür nötig.
Die Ermittler dürfen künftig unbemerkt Video- und Tonaufnahmen anfertigen. Dies gilt auch für Privatwohnungen.
Bei Versammlungen und Demonstrationen dürfen präventiv, auch wenn keine Straftaten erwartet werden, Foto- und Videoaufnahmen erstellt werden. Dabei ist vorgesehen, eine Gesichtserkennungssoftware einzusetzen, die Daten zu speichern und mit bereits gespeicherten Daten zu vergleicht.
Diese Form der Überwachung schüchtert ein und gefährdet das Grundrecht der Versammlungsfreiheit.
Auch in Privathaushalten ist man vor der Videoüberwachung nicht geschützt. So soll der Einsatz von Bodycams in Privathaushalten ohne richterlichen Beschluss erlaubt werden.

Private Daten? Briefgeheimnis?

Private Daten, unter anderem auch E-Mails, dürfen von der Polizei gelesen, kopiert, gelöscht und sogar verändert werden. Dabei ist es egal, ob diese auf eigenen Datenträgern in PC, Notebook oder Smartphones, auf USB-Sticks oder in der Cloud gespeichert sind.
Ähnlich sieht es bei der Telekommunikation aus. Sämtliche Anrufe und Nachrichtenübertragungen dürfen dazu auch unterbrochen oder verhindert werden.
Und sogar vor der Post macht der Gesetzentwurf nicht halt. Briefe dürfen präventiv beschlagnahmt werden, bei „Gefahr im Verzug“ ist dafür nicht einmal eine richterliche Genehmigung erforderlich.

Wo darf ich wohnen? Und wo nicht?

Die Polizei kann einem „Gefährder“ verbieten, den Wohnort zu verlassen oder auch dazu zwingen, seinen Wohnort zu wechseln. Wer ein Gefährder ist, entscheidet die Polizei alleine. Um von einem Gericht gehört zu werden, ist erst eine Klage erforderlich.
Per richterlicher Anordnung können Gefährder vorsorglich 3 Monate in Haft genommen werden. Und das ohne Recht auf einen Strafverteidiger. Diese Dauer kann vom Richter beliebig oft um weitere 3 Monate verlängert werden.

Zeig mir deine DNA und ich sag dir wer du bist

Wenn Ermittler DNA-Analysen durchführen, sollen künftig zusätzliche Informationen, die unter anderem das Aussehen oder die biogeographische Herkunft beschreiben, ermittelt werden. Die Vorhersagegenauigkeit ist dabei äußerst gering, wodurch falsche Vermutungen und somit Diskriminierungen vorprogrammiert sind.

Und nun?

Wenn das Gesetz in Bayern in Kraft treten sollte, ist zu befürchten, dass Bundesinnenminister Horst Seehofer dieses auf Bundesebene zum Vorbild macht.
Wir wollen keine STASI 2.0. Deshalb kämpft für die Freiheit und die Rechte und gegen die Überwachung und Entmündigung der Bürgerinnen und Bürgern.
Es gibt viele Wege, dies zu tun. Geht zu Demonstrationen, unterzeichnet Petition wie zum Beispiel diese https://weact.campact.de/petitions/neues-polizeiaufgabengesetz-pag oder engagiert euch bei einer politischen Partei, die sich aktiv gegen solche Gesetze wehrt, wie zum Beispiel der Piratenpartei.

Link zum Gesetzentwurf:
https://www.bayern.landtag.de/www/ElanTextAblage_WP17/Drucksachen/Basisdrucksachen/0000013000/0000013038.pdf

 

Author
Josef Reichardt – Ich lebe in Niederbayern und bin Pirat. Neben digitalen, liberalen und sozialen Themen engagiere ich mich für Nachhaltigkeit und Umwelt.

 

1 Kommentar zu “Das neue Polizeiaufgabengesetz – Eine „drohende Gefahr“

  1. Andrea

    hey ihr Piraten,

    schlechte Nachrichten aus Karlsruhe!! Klage gegen die Polizeigesetze wurde abgeschmettert und zwar samt und sonders!!

    Begruendung hier:

    https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2018/10/rk20181008_1bvr165818.html

    Jetzt bleibt als letzter Rettungsweg nur noch der EUGH. Ansonsten war es dass mit der Demokratie in Deutschland!! Wird wohl bald Zeit, die Koffer zu packen.

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