Rundfunk und Medien

Öffentlich-rechtlichen Rundfunk reformieren!

Die Piratenpartei Bayern steht hinter dem Konzept des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, welches eine marktunabhängige und nicht-staatliche Quelle von Information und Kultur darstellt. Die aktuelle Umsetzung weist allerdings erhebliche Mängel auf, die behoben werden müssen.

Bayerische Vorreiterrolle

Bayern soll beim Umbau des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zum öffentlich-rechtlichen Medien- und Rundfunksystem eine Vorreiterrolle spielen. Zu diesem Zweck ist im Zweifel auch ein Alleingang ohne die restlichen Bundesländer zu erwägen.

Finanzierung

Unabhängiger Journalismus und freier Zugang zur Bildung kommen der gesamten Gesellschaft und nicht nur den direkten Nutznießern zugute. Deswegen ist die Finanzierung des öffentlichen Rundfunks eine gemeinschaftliche Aufgabe. Die Finanzierung muss, wie bei anderen gemeinschaftlichen Aufgaben auch, sozial gerecht und unter Berücksichtigung des Prinzips der Datensparsamkeit erfolgen.

Die aktuelle Finanzierung über eine Haushaltsabgabe wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Bei ihr trägt jeder die gleiche Abgabenlast, man benötigt die Daten aller Vermieter und Mieter zur korrekten Abrechnung und eine Befreiung zwecks Sozialverträglichkeit erfordert eine weitere Datensammlung.

Aus diesem Grund schlägt die Piratenpartei Bayern ein Rundfunksteuermodell vor. Bei diesem soll – analog zur Kirchensteuer – ein bestimmter Prozentsatz der Einkommenssteuer bis zu einem Deckelbetrag direkt durch die Finanzämter mit der Einkommenssteuer eingezogen werden. Diese Mittel werden dann direkt an die Landesmedien- und -rundfunkanstalten weitergeleitet. Dadurch wird der Beitragsservice von ARD, ZDF, und Deutschlandradio überflüssig. Die Höhe der Steuer orientiert sich dabei an den bisherigen Einnahmen durch den Rundfunksbeitragsservice. Eine aktive staatliche Einflussnahme auf die Höhe der Steuer muss vermieden werden.

Weiterhin soll auf Werbeeinnahmen, Sponsoring und Product Placement vollständig verzichtet werden. Die Werbeeinnahmen haben keinen wesentlichen Anteil an der Finanzierung. Somit können die Sender das Programm ohne Rücksicht auf mögliche Interessenkonflikte gestalten. Die Nutzer wären für werbefreie Sendungen dankbar.

Desweiteren treten wir dafür ein, dass die Gremien, die über die Höhe der Rundfunksteuer entscheiden, in regelmäßigen Abständen demokratisch gewählt werden – am besten parallel zur Landtagswahl.

Ausgaben

Die Anstalten müssen über die Verwendung der Mittel transparent und detailliert Rechenschaft ablegen. Insbesondere sind die Gehälter aller Einzelpersonen bzw. bei tariflich bezahlten Mitarbeiten deren Tarifstufe transparent zu machen, da diese schließlich auch im öffentlichen Interesse tätig sind.

Hohe Einnahmen sind weder Voraussetzung noch Garantie für eine qualitativ hochwertige Grundversorgung. Ein Vergleich mit anderen weltweit agierenden öffentlich-rechtlichen Anstalten zeigt, dass die Gebühren um 30 Prozent gekürzt werden können. Eine Gebührensenkung würde die Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der Bevölkerung erhöhen.

Inhaltliche Kreativität statt Quote

Die Qualität des Programms darf nicht aus der Quote abgeleitet werden. Ein gutes Programm wagt neue Ansätze und bietet kreative Inhalte jenseits des etablierten Weges, beispielsweise durch die Erschließung der Internet-Community als Quelle neuer Inhalte. Statt teurer Übertragungsrechte sollen die Gebühren in guten Journalismus fließen. Erstrebenswert sind die gleichberechtigten Säulen Nachrichten, Regionales, Bildung, Kultur und Unterhaltung.

Trennung von Produktion und Kommunikation

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk erfüllt zwei Aufgaben: Die Produktion von Medieninhalten und die Kommunikation des Inhalts an die Verbraucher. Derzeit ist der Rundfunk primär auf die Kommunikation mittels nicht zeitsouveräner Medien wie Radio und TV ausgerichtet. Das Anbieten der Inhalte im Internet wird im Interesse Dritter – insbesondere Verleger – beschnitten und ihre Nutzung und Weiterverwertung durch nicht-offene Formate eingeschränkt.

Dies ist im digitalen Zeitalter nicht mehr zeitgemäß. Nicht nur müssen zeitsouveräne Formate mehr im Fokus stehen, auch muss das explizite Ziel von öffentlich finanzierten Inhalten deren möglichst weite Verbreitung sein. Aus diesem Grund müssen alle Einschränkungen der Verbreitung von öffentlich finanzierten Inhalten – sowohl technische als auch rechtliche – beseitigt werden.

Daher wollen wir die Trennung der bisherigen Landesrundfunkanstalten in zwei separate Einrichtungen: die Landesmedienanstalten und die neuen Landesrundfunkanstalten. Die Landesmedienanstalten sollen sich auf die Produktion von Medieninhalten konzentrieren. Alle produzierten Inhalte sind unter freien Lizenzen und in freien und leicht konvertierbaren digitalen Formaten zu veröffentlichen. Die Landesrundfunkanstalten betreiben das bewährte Rundfunkangebot, dürfen dieses aber ausschließlich aus freien Inhalten zusammenstellen. Die Landesrundfunkanstalten sind dabei nicht an die von den Landesmedienanstalten produzierten Inhalte gebunden.

Zusammensetzung und Aufgabe der Kontrollorgane

Die Rundfunkräte bestehen aus entsendeten Vertretern gesellschaftlicher Organisationen. Es gibt derzeit kein Mitglied, welches explizit die Interessen der Bürger vertritt. Auch die Nutzer müssen an der Kontrolle und Steuerung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beteiligt werden.

Ziel ist dabei aber nicht die Erhöhung der Einschaltquoten, sondern die Rückmeldungen der Nutzer sollen den gewünschten Umfang der Grundversorgung aufzeigen. Ein jährlicher Bericht darüber bildet dann die Grundlage eines öffentlichen Aufgabenkatalogs für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Ein repräsentativer Rundfunkrat wird weiterhin benötigt. Die Zusammensetzung soll jedoch die reale, vielfältige Gesellschaftsstruktur abbilden. Durch transparente Darstellung des Aufgabenkatalogs des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und der Tätigkeitsberichte der Mitglieder soll eine Beurteilung der individuellen Leistungen der Ratsmitglieder möglich werden.

Ziel ist ein demokratisch gesteuerter öffentlich-rechtlicher Rundfunk: Der Nutzer sagt, was er gerne hätte. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk gleicht Angebot und Nachfrage aus. Der Rundfunkrat überwacht den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Der Nutzer überwacht den Rundfunkrat.

Darüber hinaus sprechen wir uns dafür aus, dass die Rundfunkräte der öffentlich-rechtlichen Sender in Zukunft nicht mehr durch aktive Parteipolitiker oder Funktionäre besetzt werden. Personen, die von Parteien oder Regierungen entsandt werden und dort die Öffentlichkeitsarbeit der Organisation mitbestimmen, schaden der Unabhängigkeit des Rundfunkrates und damit dem Ansehen des ÖRR im Allgemeinen.

Jugendschutz im Internet

Die Abrufbarkeit von Inhalten im Internet wirft Fragen bezüglich des Jugendschutzes auf. „Sendezeiten“, wie sie im neuen Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) gefordert werden, sind durch zeit- und ortsunabhängigen Zugang im Internet nicht praktikabel und realitätsfern. Die Filterung von „jugendbeeinträchtigenden Inhalten“ ist technisch möglich, etwa durch eine sogenannte „Whitelist“, sollte aber immer ausschließlich auf der Konsumentenseite durch Erziehungsberechtigte erfolgen, niemals pauschal für alle Bürger.

Privatrundfunkliche Grundversorgung

Die Piraten in Bayern lehnen die Finanzierung des privaten Rundfunks durch die Staatsregierung ab, die (Teil-)Finanzierung von Sendern wie „Touring TV“ oder „Oberfranken TV“ widerspricht klar unserem Grundsatzprogramm.

Stattdessen streben wir eine Grundversorgung durch die öffentlich-rechtlichen Anstalten an. Entsprechende Fördermittel an Privatsender sind ersatzlos zu streichen.

Symbolfoto: Klaus Nahr -CC BY SA