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Die Gefahren der Abhängigkeit von China

Dieser Artikel ist ein Gastbeitrag von unserem Beisitzer Arko Kröger.

Anlass dieses Artikels: Der chinesische Versuch des Erwerbs von Anteilen am Hamburger Hafen. [1]

*seufz*

Es ist ziemlich frustrierend, mit anzusehen, wie die Ampel offenbar denselben Fehler wieder macht, den auch die Regierungen vor ihr getan haben.

Also, nochmal kurz zum Mitschreiben: Der chinesische Staatskonzern Cosco will Anteile eines Hafenbetreibers übernehmen und sich an einem Containerterminal in Hamburg beteiligen. Dieser würde dabei mindestens 35 Prozent an diesem Terminal erwerben, wodurch sie eine Sperrminorität hat und somit unliebsame Entscheidungen abblocken kann. Zudem sollten chinesische Waren bevorzugt behandelt werden. [2] Seriously, ich bin fassungslos. Genau diese Abhängigkeiten sind der Krampf, wegen dem wir gerade auch immense Probleme mit unserer Gasversorgung haben.

Was ist das Ziel von China?

Chinas Großprojekt, die Neue Seidenstraße, ist ähnlich wie Nordstream 2 zu verstehen. Putin versuchte, mithilfe des Gases unsere Wirtschaft in eine Abhängigkeit zu treiben, damit wir im Falle einer Invasion keine Gegenmaßnahmen verhängen. Diese Abhängigkeiten sind so zu verstehen, dass sich unsere Wirtschaft basierend auf den aktuellen Bedingungen anpasst, wobei dieser Anpassungsprozess einige Zeit in Anspruch nimmt. Ist z. B. Gas billig, wird unsere Wirtschaft verstärkt Gas nutzen, um Güter herzustellen. Sobald dieses Gas fehlt, findet wieder ein Anpassungsprozess statt, wobei in der Übergangszeit wirtschaftliche Schäden entstehen, sofern dieses Gas nicht ersetzt (substituiert [3]) wird. Der Vergleich ist zwar etwas drastisch, aber das ist etwa so, wie ein Junkie, dessen Dealer sich weigert, ihm noch mehr Stoff zu geben. Wir werden auf Entzug gesetzt. China nutzt nun seine Macht durch den Ausbau der Seidenstraße aus, um seinen Produkten einen Vorteil gegenüber den Produkten von anderen zu geben. So werden z. B. chinesische Produkte auf diesen Häfen bevorzugt abgewickelt. Dies führt dazu, dass unsere Firmen zunehmend gegenüber der billigen Konkurrenz von den subventionierten Staatsfirmen Chinas an Boden verlieren, wodurch unsere Industrie entweder pleite geht oder abwandert. Jetzt ist Abwanderung und Pleite natürlich kein neues Phänomen, und zu einem gewissen Grad ist das auch normal in einer Marktwirtschaft. Doch das Verhalten Chinas zielt darauf ab, die Teile unserer Wirtschaft, die bei uns bleiben, durch die Abhängigkeiten von anderen Produkten in Schach zu halten. Fehlen uns jetzt diese Vorprodukte, dann werden wir, ähnlich wie bei der Gasabhängigkeit, diese Güter durch andere Quellen ersetzen müssen. Das Problem wäre jedoch, dass durch den (unrechtmäßigen) Wettbewerbsvorteil Chinas nun genau diese Quellen fehlen, also die Produktionskapazitäten. Deswegen halte ich es für das oberste Gebot, diese Abhängigkeiten mit aller Macht zu beseitigen und langfristig keine Abhängigkeiten mehr zu Diktaturen zuzulassen.

Wie genau schaden uns diese Abhängigkeiten eigentlich?

Dazu lohnt es sich, zunächst nochmal auf unsere Abhängigkeit von russischem Gas zu schauen. Also: Unsere Wirtschaft leidet ja, wie die meisten wohl jetzt mitbekommen haben dürften, unter den hohen Energiepreisen, welche wiederum durch die Knappheit von Gas ausgelöst werden bzw. der Angst vor dieser Knappheit. Für mein Beispiel ist dabei weniger die Verstromung relevant als vielmehr der direkte Einsatz in der Industrie. Warum? Dafür müssen wir uns kurz das Prinzip von Lieferketten anschauen. Und dafür nehmen wir als anschauliches Beispiel eine der besten Kriegswirtschaftssimulationen, die es aktuell auf dem Markt zu finden gibt: Factorio.

 

Hier sehen wir eine sehr einfache, kurz zusammengeschusterte Fabrik, welche “Wissenschaftspakete für Chemie” (die hellblauen Fläschchen) herstellt.

Damit alle verstehen, was man hier auf dem Bild sieht, habe ich ein paar Bereiche farblich markiert.

Grün: Greifarme und Fließbänder

Rot: Röhren für den Transport von Flüssigkeiten.

Blau: Fabriken

Gelb: Stromversorgung

Wissenschaftspakete werden für die Forschung benötigt und bestehen aus verschiedensten Komponenten. In diesem Fall werden Motoren, Schwefel und erweiterte Schaltkreise (Schaltkreise gibt es in Factorio in 3 Tiers: Grüne sind die einfachen, rote die erweiterten und Blaue sind Prozessoren) benötigt. Jede einzelne dieser Komponenten besteht wiederum aus weiteren anderen Komponenten. In unserer Wirtschaft werden diese Güter von den einzelnen Firmen hergestellt und verkauft. Diese Firmen produzieren dabei auch in verschiedenen Ländern, agieren also international. Unsere Produktion ist dadurch mit den Produktionen der anderen Länder verwebt. So kann ein Land z.b die Rohstoffe fördern, welche in ein anderes Land exportiert werden, um dort weiterverarbeitet zu werden. Hier wollen wir uns mal anschauen was passiert, wenn ein Teil der Produktionskette wegbricht. Ein gutes Beispiel dafür gibt es dafür auch bereits: Putins Invasion.

Energie – Die Quelle allen Wachstums

Da im Laufe der russischen Invasion unsere Staatsoberhäupter erkannt haben, dass es vielleicht keine so gute Idee ist, Gas aus einem Land zu importieren, welches nicht nur undemokratisch ist, sondern auch hin und wieder kleine Angriffskriege anzettelt, wurden alle Hebel in Bewegung gesetzt, um uns so schnell wie möglich von russischem Gas unabhängig zu machen. Gleichzeitig hat Putin auch anscheinend seine Gaslieferungen etwas reduziert, damit unsere Speicher auf einem niedrigeren Stand starten. Gas ist besonders kritisch, weil unsere komplette Wirtschaft auf Energie basiert. Egal ob Autofahren, Rechenzentren oder Stahlherstellung: alles basiert auf Energie. Sogar unsere eigene körperliche Arbeit ist im Prinzip auch nur Energie, wenn auch in anderen Formen. Ohne Energie läuft nix, und besonders unsere Stromnetze kommen ohne ausreichend Energie nicht klar. Wenn also eine Quelle von Energie ausfällt, dann ist das besonders problematisch.

 

Wie wir an den blinkenden roten Symbolen sehen, passiert ohne Energie in unserer Fabrik nicht sonderlich viel.  Im echten Leben wäre ein Stromausfall dieser Art noch problematischer, weil durch einen Blackout auch Schäden am Netz entstehen könnten, was in Factorio so nicht passiert. Allerdings gibt es im echten Leben auch keine Aliens, die einen angreifen, wenn man die Umwelt zu stark belastet, höchstens vielleicht etwas Kartoffelbrei auf einem uralten Gemälde.

Ein Energiemangel ist gewissermaßen also ein Spezialfall einer Unterbrechung der Versorgungskette, weil er nicht einfach nur einen bestimmten Teil der Kette lahmlegt, sondern die Kette an sich. Die russische Invasion ist ein gutes Beispiel dafür, wie globale Abhängigkeiten uns schaden können, wenn Länder, die daran beteiligt sind, plötzlich nicht mehr liefern können oder wollen. Aber auch unsere Abhängigkeiten von China sind gefährlich. lasst uns nochmal zurück zum Anfang gehen:

China hat über die Jahre sehr aggressiv versucht, seine wirtschaftliche Stellung zu verbessern und ist damit auch Teil der Versorgungsketten. Stellt euch der Einfachheit halber mal vor, dass China in diesem Bild Teile der Stahlproduktion kontrolliert. Jetzt ist China, ähnlich wie Russland, auch nicht frei von imperialistischen Bestrebungen, und ein großes Ziel dieses Imperialismus ist die “Wiedervereinigung” mit Taiwan. Erinnert mich persönlich ein bisschen an das russische Verhältnis zur Ukraine. Stellen wir uns vor, dass China nun einen Angriff startet und wir müssten den Handel mit China einstellen. Was passiert dann?

Der rot markierte Bereich ist der Bereich, den China kontrolliert. Ein ziemlich kleiner Teil der Produktionskette, nicht wahr? Stimmt, aber leider nicht der einzige, der betroffen ist. Der blau markierte Bereich ist der, der zusätzlich durch den Stahlmangel ausfällt. Wie wir sehen können, führt der Stahlmangel zu Problemen bei der Produktion von Verbrennungsmotoren. Und der Mangel an Verbrennungsmotoren führt zu Problemen bei der Produktion von Wissenschaftspaketen. Daraus resultiert, dass ein Mangel an einer Stelle der Versorgungskette zu Problemen in den anderen Bereichen der Kette führt. Dieses Phänomen hat man ständig, wenn man Factorio spielt: Mal fehlt das, mal fehlt was anderes, und man ist ständig damit beschäftigt, den aktuellen Flaschenhals zu finden und aufzulösen, um damit seine Produktion erweitern zu können. Besonders hier ist, dass der Mangel von nur einer bestimmten Ressource den gesamten Betrieb stören kann. Wissenschaftspakete sind extrem wichtig in Factorio, kein Bereich im Spiel konsumiert so viele Ressourcen wie dieser hier. Würde einem Spieler auf einen Schlag die gesamte Stahlproduktion wegfallen, wäre er nicht mehr in der Lage, zu forschen. Und genau dieses Problem ist auch das, was die Abhängigkeit von China so problematisch macht: Fehlt nur ein Gut in einer Versorgungskette, und dieses Gut ist nicht ersetzbar, dann entstehen Schäden weit durch die gesamte Wirtschaft hindurch. Und genau das kann sich China zunutze machen – auch, indem China sich an den Häfen und Umschlagplätzen der Welt beteiligt. Und genau das geschieht im Rahmen der “Neuen Seidenstraße”. Tatsächlich ist der Ankauf dieses Hafens nämlich noch viel gefährlicher, als man zunächst denkt. “Warum sollte so ein Hafen denn einen Unterschied machen?” Ganz einfach: Während Stahl natürlich überall hergestellt werden kann und es extrem schwierig ist, eine gesamte Industrie unter seine Kontrolle zu bringen, während letztendlich auch nicht jede Versorgungskette zwingend auf Stahl angewiesen ist und somit auch nur limitiert Schaden anrichten kann… Ist ein Hafen ein Teil von so gut wie JEDER Produktionskette.

Der Hafen ist das schwächste Glied

Das Beispiel, welches wir oben gesehen haben, ist natürlich nicht so ganz das, was einer Marktwirtschaft entspricht. Fällt ein Produzent aus, dann geht man zum nächsten, nicht wahr? Tatsächlich gibt es auch ein ähnlich flexibles System in Factorio: das Logistiksystem. Das ist ein Netzwerk aus Roboterhangars sowie Logistik- und Baurobotern, welche eigentlich eher mit Drohnen zu vergleichen sind. Diese können Gegenstände automatisch transportieren und sogar Fabriken aufbauen. Dies ist extrem flexibel, allerdings nicht unbedingt am effizientesten, der hohe Stromverbrauch im Vergleich zu Förderbändern fällt schon auf.

Quelle: https://wiki.factorio.com/images/Logistic_robot_demo.gif

 

 

 

Stellt euch einfach mal jede einzelne Maschine hier als eine Fabrik vor, von der jede etwas anderes herstellt. Die Roboter transportieren dabei die Güter von einem Ort zum anderen. In der Mitte befindet sich der Hangar, wo die Roboter gelagert werden und sich aufladen, wenn sie Strom benötigen. Man kann die Roboter gewissermaßen als die Schiffe betrachten und die kleinen Logistikkisten als die Häfen. Oder so ähnlich, ist keine perfekte Analogie. Aber stellen Sie sich einfach mal vor, dass China nun den Hangar erwirbt. Dann sagt China, dass nur chinesische Waren den Hafen passieren dürfen, und auch nur, wenn sie nichts tun, was Taiwan helfen könnte. Was würde passieren?

 

Ganz einfach: das komplette System kommt zum Stillstand. Und das mit nur einer Ansage.

Ohne Hafen, kein Transport. Und ohne Transport, keine Wirtschaft.

Fazit

Chinas Einfluss auf die Wirtschaftsstruktur seiner Handelspartner ist wahrscheinlich die größte Gefahr für unsere Handlungsfähigkeit im Falle einer chinesischen Invasion auf Taiwan. Und die kommunistische Regierung baut diese Abhängigkeiten gezielt aus, unter anderem auch eben mit diesen Hafenankäufen und der priorisierten Abwicklung chinesischer Güter. Damit wir im Fall der Fälle in der Lage sind, zu intervenieren, sollten wir alles daran setzen, die Abhängigkeiten von China zu minimieren, indem wir die Produktion wieder nach Europa verlegen und uns mehr mit Handelspartnern arrangieren, welche unseren demokratischen Wertekanon teilen.


[1]: https://www.ndr.de/der_ndr/presse/mitteilungen/Hamburger-Hafen-Kanzleramt-will-China-Geschaeft-offenbar-durchsetzen,pressemeldungndr23516.html

[2]: https://twitter.com/l_hornung/status/1583030866980524033?s=20&t=orpn8NFtfjVV8zi8y8BsQw

[3]: https://de.wikipedia.org/wiki/Substitutionsgut

 

Ich bin Pirat seit 2019 und aktuell studiere ich. Neben meinem Engagement in der Redaktion der Flaschenpost bin ich auch jeweils stellvertretender Vorsitzender des Kreisverbands Nürnberger Land & Roth sowie des Bezirksverbands Mittelfranken. Zur Bezirkstagswahl 2023 bin ich Direktkandidat für den Wahlkreis Nürnberger Land.

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